Auch für die Kleinen ist die Frist inzwischen um: Die Kinderopern bei den Bayreuther Festspielen, immer morgens auf der Probebühne, sind inzwischen einmal durch, der Zyklus der zehn Wagnerwerke (der „Ring“ zählt einfach) ist „Holländer“-gerecht nach sieben Jahren einmal durchschritten. Und wie ein paar hundert Meter weiter im Festspielhaus gilt: Man muss sich immer wieder was Neues einfallen lassen. Wurde 2009 der erste „Holländer“ noch konsequent aus Kinderperspektive mit Stockbettblick erzählt, so ist er dieses Jahr, es gibt auch eine neue Spielfassung, in der übersichtlich-aufgeräumten Regie von Julia Huebner etwas erwachsener erzählt.
Senta hat Fernbedienung, schaut sich in einem weißen Wohnzimmer wilde Meeresgeschichten noch auf dem Röhrenfernseher an und liest danach im Buch zum Film weiter. Frau Mary kommt auf dem Bike und repariert das textgerecht, wenn sich das Rädchen drehen soll. In der linken Bühnenecke vergnügen sich Daland (der unverwüstliche Jukka Rasilainen) und Steuermann (kräftig: David Ameln) im Ölzeug, als hätte Wagner schon Fips Asmussen vorausgeahnt. Doch statt dessen Klabautermann-Seemannsgarn zu entsprechen, wühlt sich der Holländer aus einer Jolle. Mit dem Boot und dezenten Tattoos (nein, keine Runen!) könnte der sonore Kai Stiefermann auch der Erwachsenen-Inszenierung Jan Philipp Glogers entsprungen sein. Nur sein weißes Jackett sieht ein wenig nach Eisverkäufer aus.
Die Kostüme, auch die dezidiert altmodischen von Senta (große Sopranröhre: Christiane Kohl) und Mary (wohltemperierter Mezzo: Eva Maria Summerer), wurden wieder von zwei Schulklassen gestaltet. Und Kinder mögen es eben lieber so wie es im Opernbuche steht. Daland fragt zwar noch, ob wenigstens Holland noch in der EU sei, verkuppelt seine Tochter aber ohne Umschweife. Mary und der auf koreanisch schmollende Erik (Charles Kim, der am Ende Mary und ein Torte bekommt) richten eine Geburtstagsfeier aus, aber Senta macht ihre eigene Show. Sie springt ins Wasser, das keines ist und nähert sich dem Holländer an. Wird sie seine Hand erreichen? Das bleibt offen, denn die Musik ist aus. Fortsetzung in sieben Jahr.
Dafür gischtet es höchst effektvoll im von Boris Schäfer geleiteten Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder). Und nach der geglückten Vorstellung spitzt noch so manche Holunder-Brause des Sponsors auf die blütenweißen Knabenhemden des Windsbacher Knabenchores, der zur Premiere durfte.
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