Zunächst einmal ist hier eine schöne, wohltönende, kompakt-präsente Baritonstimme zu vernehmen. Der Lungauer Rafael Fingerlos hat es via Salzburgs Young Singers Project ins Ensemble der Wiener Staatsoper geschafft, wo der 31-Jährige mit seiner guten Diktion, der mühelos projizierten und schrankenlos durchgebildeten Stimme dem Haus zur Zierde gereicht. Und jetzt hat er nicht nur eine klasse komponierte, prima anzuhörende Lied-Debüt-CD vorgelegt. Sondern sich auch die richtigen, unaufdringlich intelligent unterfütterten Gedanken über sein Programm gemacht. Das heißt „Stille und Nacht“ und widmet sich durchaus diesen Themen, aber eben noch mehr. Nicht nur ist es unterschwellig auch eine Weihnachtsplatte geworden, deren geistlich-transzendente Aspekte in der Berücksichtigung der Dichtungen-Auswahl zunimmt. Das kulminiert schließlich im so schlicht wie innig mit der originalen Gitarre als Begleitinstrument vorgetragenen „Stille Nacht“, das beide thematischen Aspekte zusammenfügt (der Tenor Bernhard Berchtold assistiert). Und das später weltberühmte Weihnachtslied schafft nicht nur einen zusätzlich jahreszeitlich passenden Aspekt, es ist zudem eine lokalpatriotische Verbeugung vor dem im nahen Oberndorf 1818, also vor bald 200 Jahren uraufgeführten, von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber verfassten Stück. Rafael Fingerlos und sein sensitiver Klavierbegleiter Sascha El Mouissi starten zwar mit einem zunächst bekannten Text, Rainer Maria Rilkes „Das war der Tag der weißen Chrysanthemen“, aber eben nicht in der Alban-Berg-Vertonung, die gerade eben Hannah-Elisabeth Müller zum Titel ihrer hervorragend aufgenommenen Debüt-CD erkoren hat, sondern in einer Klangeinkleidung durch den erst 2016 gestorbenen Spätspätromantiker Robert Fürstenthal. Auch Carl Bohm oder Rudolf Polsterer sind völlig unbekannte Komponisten, die sich aber nahtlos in die hier vorgestellte noble Ahnenreihe von Strauss, Clara und Robert Schumann, Brahms und Schubert fügen. Eine Lanze bricht Fingerlos im dramaturgisch sinnfällig arrangierte Finale außerdem für den immer noch unterschätzten Peter Cornelius. Somit ist dieses Konzeptalbum aus multiplen Gründen eine unbedingt hörenswerte Scheibe!
Rafael Fingerlos: Stille und Nacht. Sascha El Mouissi (Oehms Classcis)
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