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Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
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Brugs Beste 2019 – ein CD-Adventskalender: XX. Mit Jan Lisiecki atmend organisch die Beethoven-Klavierkonzerte neu und frisch hören

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Dezember 2018: Ein junger Pianist erhält nicht nur die Chance, für Murray Perahia gleich in allen fünf Beethoven-Konzerten im Berliner Konzerthaus einzuspringen. Er darf/muss/kann auch für den großen Klavierkönnen das Dirigat der diesem eng verbundenen Academy of St Martin in the Fields übernehmen. Und das wird auch prophylaktisch, so wie vorgesehen, von der Deutschen Grammophon mitgeschnitten. Ein Alptraum, zumal dem auch noch kurzfristigst anberaumte, mit äußerst komplexen (Greta, weghören!) Flugbewegungen verbundene, dabei knapp bemessene Proben vorausgingen? Mitnichten! Der junge kanadisch-polnische Pianist Jan Lisiecki lässt sich auf das Abenteuer ein, zu verlieren hat er ja nichts. Im schlimmsten Fall wäre eben nichts veröffentlicht worden. So aber erscheint nun im Vorfeld des Beethoven-Jahr dieser Konzertbündel-Auftakt als hinreißend spontane Hommage an den Mut und die Jugend, die diese aus der Wiener Klassik sich in neue, autonomere, mit dem Orchester wirkungsmächtiger dialogisierende Gefilde vorantastende Werke immer schon manifestieren. Und die oft im Klassikalltag von irgendwelchen selbstsicheren Altvorderen weggespült und -gepflügt werden. Dabei herrscht hier doch über weite Strecken spontane Meinungsäußerung, Improvisationsfreude, Dialoglust, Kommunizier-Elan vor. Und gerade Jan Lisiecki verbindet ganz besondere Momente seines Lebens mit diesem Ludwig van B.-Bündel. So debütierte er etwa 2017 mit dem 4. Konzert in der Carnegie Hall unter Yannick Nézet-Séguin und dem Philadelphia Orchestra. Lisiecki sagt über die Klavierkonzerte: „Beethoven hat diese Werke sicher nicht zusammenhängend konzipiert. Dennoch sind sie sich nahe, denn sie zeigen ein unglaublich differenziertes Bild von Beethoven, angefangen mit den beiden ersten Konzerten, die noch das Erbe Mozarts verraten. Über die so unterschiedlichen Werke Nummer drei und vier bis hin zum majestätischen Es-Dur-Konzert.“ Hier mischen sich nun rhythmischer lässiger Puls mit gezielt gesetzter Agogik, durchsichtige, fein solistisch vom Orchester erspürte Struktur und Balance mit einem heiteren, doch tiefsinnigen Klavierspiel. Das nichts Exzentrisches, aber sehr viel neugierige Offenheit und – darf man das noch sagen? – apollinische Freunde verströmt. Also  wird nichts problematisiert, dafür wird musiziert, mit allem Risiko einer deutlich hörbaren, aber umso lebendigeren Liveaufführung, gemeinsam, auf Augenhöhe, freundvoll und schön. Ja, das darf, das muss sein! Eine willkommene Ergänzung etwa für Mitsuko Uchida oder Leif Ove Andsnes.

Ludwig van Beethoven: Sämtliche Klavierkonzerte. Jan Lisiecki, Academy of St Martin in the Fields (Deutsche Grammophon)

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