Es gibt zwei neue DVDs mit Inszenierungen von Dmitri Tcherniakov. Einer der wichtigsten Opernregisseure unsere Zeit ist so ein Stückchen mehr dokumentiert. So etwa mit seinem trist-minimalistischen Daniel-Barenboim „Parsifal“. Wirklich bedeutsam ist allerdings – auch historisch – die nach fünf Jahren endlich veröffentliche „Ruslan und Lyudmila“-Premiere anlässlich der Wiedereröffnung des goldstrotzend generalsanierten Moskauer Bolschoi Theaters 2011. Der Applaus zu Beginn verrät schon, dass man hier hoffte, auf traditionelle, russisch-bunt harmlose Weise unterhalten zu werden. So wie in der Petersburger Traditionsproduktion von 1995 unter Gergiev mit der jungen Netrebko, der einzigen DVD-Konkurrenz. Schon das erste Bild im Prunkgelass mit glitzernden Folklorekostümen täuscht. Das ist nur eine neureiche Hochzeitsfeier im Disneyland-Hotelballsaal. Tcherniakov holt Michail Glinkas statisches Stationendrama ins Heute, findet plausible Umgebungen für die Märchen- wie Zauberereignisse. Er geht den flächig gezeichneten Figuren unter die Parabelhaut – und führt sinnfällig vor, wie fremd sich nach ihren Irrungen (als Reise ins Ich) die beiden Liebenden sind. Leider ist das auch musikalisch auf einem Opernniveau, wie es das Bolschoi seither kaum mehr erreicht hat. Albina Shagimuratova ist eine koloraturkräftige Ljudmila, Bassbariton Mikhail Petrenko ein beweglicher Ruslan. Yuri Minenko singt mit ebenmäßigem Countertenor den anderen Freier Ratmir, eigentlich eine Mezzopartie. Alexandrina Pendatchanska, Charles Workman und Elena Zaremba sind stark bei Stimme wie an Präsenz. Chor und Orchester unter dem drängenden Vladimir Jurowski geben ihr Bestes.
Glinka: Ruslan und Lyudmila. Albina Shagimuratova, Mikhail Petrenko, Yuri Minenko, Alexandrina Pendatchanska, Charles Workman, Elena Zaremba u.a., Chor und Orchester des Bolschoi Theaters Moskau, Vladimir Jurowski. Regie: Dmitri Tchenrniakov (BelAir)
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