Philippe Jordan lässt die Ouvertüre ungewöhnlich leise und nobel spielen. Ein fein strukturiertes Klangpanorama als Hörbild aus. Das Barrie Kosky komödienhaft und slapstickhaft bevölkert. Im Haus Wahnfried. Richard Wagner kommt mit den Hunden. Cosima hat Migräne, Franz Liszt präludiert am Klavier. Und auch Kapellmeister Hermann Levi ist da – Dirigent und „Hausjude“. Das biografische Spiel mutiert schnell zum Surrealen, aus dem Flügel steigen lauter Wagners, große und kleine, dazu in mittelalterliche Geschenkverpackungsroben gehüllte Meister. Cosima der ein wenig angestrengten Anne Schwanewilms ist jetzt Eva geworden, der famose Johannes Martin Kränzle übernimmt vom Levi den Beckmesser. Der junge Wagner entpuppt sich als tenortrompetender Klaus Florian Vogt, der noch jüngere als sein Lehrbub David (Daniel Behle). Und der dritte Wagner ist der souveräne Michael Volle als Hans Sachs. Familienaufstellung aus dem Geist der Renaissance. Biografische Kurzschlüsse zwischen Wagner und Werk gab es inzwischen sehr oft auf der Bühne zu sehen. Gerade auch wenn am Ende des komödienvergnügt dahinfluschtenden ersten Aktes das Bühnenzimmer zurückfährt und einen weiteren Raum offenbart: Saal 600 im Nürnberger Schwurgerichtsgebäude, in dem die Nürnberger Prozesse stattfanden. Versprechen auf Kommendes? Ein Prozess und Festwiesen-Urteil samt Preisauslobung einer Braut der ganz anderen Art? Zur Pause großer Jubel, Getrampel gar.
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