Ernüchterung: Im Gerichtsaal liegt jetzt lediglich eine Wiesenmatte aus. Ein atmosphärisches Naturbild, in dem ein kreuzkonventioneller zweiter „Meistersinger“-Akt abläuft, mit Liebeständelei hier und Besohlungsschwank da, nur dass Sachs immer noch Wagner ist und Eva Cosima. Ein wenig fad beflissen wirkt das, obwohl es musikalisch weiterhin zauberhaft bleibt, so gut und auf harmonisch hohem Niveau gesungen wird, wie selten in Bayreuth. Bis auf die schwächelnde, schrillende, als hüpfendes Pony inszenierte Anne Schwanewilms. Und dann die Prügelfuge, das Pogrom der Bürger: Barrie Kosky lässt dürerzeitlich gekleidete Volk hereinschwappen. Beckmesser hat , der unter einem Wagner-Konterfei in Öl fast erdrückt wird. Und plötzlich eine fies karikierende Judenmaske wie aus dem „Stürmer“ aufhat. Als ob man das nicht verstehen würde, pumpt sich zudem deren Pendant als aus dem Rednerpult aufsteigender Ballon monströs auf. Ein Fanal, das schon, aber keine jäher, böser Einfall. Und während der unsichtbare Nachwächter (der generös eingesprungene Georg Zeppenfeld) schließlich seinen Beruhigungsruf über das Schlachtfeld schallen und Philippe Jordan die dezent, aber sehr präzise geführte Kunstkrawall-Polyphonie sanft aushauchen lässt, sinkt die böse Luftblase schrumpelig zusammen. Nur der Davidstern bleibt.
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