Ein Star singt Lieder. Das geht nur in den großen Hallen. Er ist teuer, Karten müssen verkauft werden. Zwei Stars, die Lieder singen, sind noch teurerer. Aber da kann man sich immerhin auch mal Ausgefalleneres, nicht so Populäres leisten, zum Beispiel Hugo Wolfs spätes „Italienisches Liederbuch“. 46 Miniaturen in 80 Minuten. Nur die Säle bleiben natürlich genauso groß. Und das ist eben die Crux. Man würde sich diese intimen Stücke in einem ebensolchen Ambiente wünschen, ganz nah dran, mit jeder Nuance, im Berliner Boulez Saal etwa. Diana Damrau und Jonas Kaufmann, gegenwärtig die beiden weltweit meistgefeierten deutschen Opernstars, machen aber das Beste daraus. Kleine Dinge, die entzücken sollen – im übergroßen Ambiente. Den ganzen Februar sind sie mit ihrem Wolf-Werk unterwegs, 12 Konzerte, die sie durch Deutschland, nach Paris, Wien, Luxemburg, London, Budapest und Barcelona, aber nicht zum Liebsten nach Penna führen. Dafür eben auch in der nicht ganz ausverkauften Berliner Philharmonie. Am Flügel: Helmut Deutsch, souverän-solides Urgestein deutscher Liedbegleitertradition.
Damrau im schwarzen Kleid mit roten Strohblümchen, zu den drei Zäsuren in den Hälften wie der Pause wird sie ihre Stola wechseln, von grün auf rosa, schwarztransparent und hellrot, so wie die umgestellten Lieder, Begehren und Zurückweißung, Trauer und Glauben thematisieren. Sie wirkt natürlicher, ein wenig neckisch, mit fließender Gestik, er – im Frack – verdoppelt manchen Inhalt mit den Armen. Sie singen beide auswendig, sie mit hellem, klaren, topverständlichem Tonfall. Er braucht längeren Anlauf, ist am stärksten in den kontemplativ-hymnischen Stücken, wenn er die Stimme aufhellt, zurückgenommen die Dynamik anschwellen lässt. Beide können es theatralisch, im besten Fall formen sich Dialoge über längere Liedabschnitte. Es ist eine altmodische und fast schon ferne Kunst, die Paul-Heyse-Nachdichtungen schaffen zusätzlich Distanz, hier jäh ins Heute geholt.
Da wird nicht aufgetrumpft nur mit wenigen Spitzentönen geprunkt. Es ist Erzählen mit erhobener Stimme, Salonatmosphäre im Riesensaal. Da wird verbal übertrieben und sich kleingemacht, Zerknirschtheit ausgestellt, Leidenschaft unterspielt. Die Damrau ist wirklich das das Mädel vom italienischen Land, Kaufmann eher der Beau aus der Stadt, beide sind gute Komödianten. Das putzt jedoch ungemein. Eine Duett-Zugabe gibt es, dafür stand der iPad bereit, Mendelssohns-Eichendorff-Vertonung „Gruß“. Und viele Blümchen.
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