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Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
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Merci Kathrin: die Valente wird heute 85

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ValenteDoch, sie könnte immer noch singen, altersweise, nicht mehr so hippelig, weniger Malagueña Girl, mehr Malagueña Granny. Schließlich hat sie von kleinsten Kindesbeinen nichts anders gekannt. Die Mutter ein berühmter weiblicher Musikclown, der Vater Instrumentalist, die Artistenfamilie ständig am Tingeln. Auch in deutscher Kriegsgefangenschaft. Heiterkeit und Fröhlichkeit waren Lebensinhalt von Caterina Valente. So hat die Italienerin mit dem deutschen Pass, die in der frühen Bundesrepublik als “Stimme des Aufschwungs” (Der Spiegel) das Fernweh schürte und deren Starname bis heute erinnerungssatt leuchtet, sich durch Schlagerfilme gejuxt, gespielt, geträllert und getanzt, keine Fernsehshow ausgelassen, Dutzende von Platten besungen.

Ihr “Popocatepetl-Twist”, das ganze, von der Liebe träumende Paris, der “Habanero”, das “Traumboot der Liebe”, der “Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini” samt der für sie scheinenden Sonne – das hat Schlagergeschichte geschrieben und ist längst klingende BRD-Historie. Die Deutschen haben sie besonders geliebt, weil sie – “Ciao Ciao Bambina” – deren Südensehnsucht schürte und sie immer ein bisschen mit nach Italien nahm. Bis hin zu ihrer letzten Liveshow 1996 in Leipzig, ihrer letzten Platte 2001 und einem Überraschungsauftritt 2003 im italienischen Fernsehen als Duettpartnerin ihres Sohnes.

Inzwischen mag die Weltberühmte nur noch ihre Ruhe. Auf ihrer Webseite, die immer mal wieder mit witzigen Fundstücken aus ihrer Vergangenheit und regelmäßigen Gesundheits-Updates samt gut aussehnder Fotos aktualisiert wird, wenn die böse Presse anderes schreibt, sagt sie nur  “Nein!” zu den nach wie vor beständig eingehenden Interview-Nachfragen. Man wisse doch, “dass ich mich seit meinem 70. Geburtstag nicht mehr wirklich für Valente-Geburtstags- oder Jubiläumshows begeistern kann, und das Gleiche gilt für Biografien, Dokumentarfilme, Hommagen und ähnliche Projekte”. Ihr genüge es heutzutage vollkommen, dass sie sich wohlfühle in ihrem “gesunden, sorgenfreien, einfachen sowie ruhigen Lebe” im Kreise von Angehörigen und Freunden. Statt Geschenke, Blumen oder Karten zu schicken, sollten Fans lieber für die Hilfsorganisation SOS Kinderdörfer spenden: “Die Kinder sind unsere Zukunft. mehr brauche ich wohl nicht zu sagen!”

Sie konnte offenbar auch loslassen. Schade ist freilich, dass sie so die erstaunliche Aufwertung ihres Künstlerlebens nicht mehr selbst kommentieren kann. Denn in den letzten 15 Jahren wurde endlich auch den Deutschen klar, dass “ihre” Valente mehr konnte als nur “Liebe, Tanz und 1000 Schlager”. Der burschikose, manchmal in ihrer Unentspanntheit auch nervende Kinowirbelwind, der wirtschaftswunderoptimistisch verkündete “Es geht besser, besser, besser”, hatte trotz oder wegen dieses Stempels (an dem sie nicht unschuldig war) ein grandiose Chansonkarriere in Italien, Frankreich, Japan, vor allem aber in den USA hingelegt.

Sie trat in den großen Fernsehshows auf, dort waren die vom Orchester Werner Müller in schnittigen Sound gekleideten Ernesto Lecuona-Titel “Malagueña” und “The breeze and I” ihre glamouröse Erkennungsmarke. Caterina Valente sang polyglott und tanzte salonfähig, sie spielte diverse Instrumente und hatte eine weltläufige Persönlichkeit. Nur im spießigen Deutschland durfte das nicht sein, wollte man keine Häutungen, sondern lange nur den knopfäugigen Schlagerknirps ihrer frühen, der Fünfzigerjahre.

Inzwischen haben wir die Lektion gelernt. Haben zur Kenntnis genommen, mit welchen Showgrößen von Perry Como bis Michel Legrand, Harry Belafonte, Dean Martin, Danny Kaye und Bing Crosby sie auf Augenhöhe duettierte. Wir hören ergriffen, wie Chet Bakers melancholisch-mythische Trompete sie begleitet. Ihre Stimme konnte plötzlich rauchig erotisch sein oder bühnensprengend stahlhart, sie beherrschte Latin und Swing, machte uns als Entertainerin Ehre, wie wir seit Marlene keine hatten, oder sie jedenfalls nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Caterina Valente war immer diszipliniert. Das ist ihr deutsches Erbe. Bis sie dann doch nein und ade sagte.

Der Beitrag Merci Kathrin: die Valente wird heute 85 erschien zuerst auf Brugs Klassiker.


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