Ein Duell der Giganten? Nein, das dann doch nicht. Aber das 250. Beethoven-Jubiläumsjahr hat ein kurioses Wettrennen an der blauen Donau ausgelöst. Quasi zeitgleich haben die beiden großen dortigen Orchester, die Wiener Philharmoniker und die Wiener Symphoniker, neue Aufnahmen-Zyklen der Sinfonien gestartet. Die Symphoniker sind unter ihrem dynamischen, leider schon wieder scheidenden Chef Philippe Jordan erstmals seit 20 Jahren mit der kompletten Folge angetreten, konzentriert wurden alle Neune schon 2017 live mitgeschnitten und in regelmäßiger Folge veröffentlicht. Bis jetzt die Neunte das spritzig-kontemplative Finale setzte. Bevor die Symphoniker das Erspielte der fünf als Komplettbox beim Eigenlabel bündelten, folgte jetzt die Konkurrenz mit ihrer über zwei Jahre aufgenommenen Kiste bei der Deutschen Grammophon. Die Philharmoniker haben sich als Gast den vielgefragten Andris Nelsons geliehen. Sie spielen diese Benchmark circa alle zehn Jahre neu ein, nach Simon Rattle und Christian Thielemann steht jetzt mit dem Letten einer der Generation Vierzig am Pult des Traditionsorchesters. Doch der gemeinsame Nenner ist eigentlich nur der Singverein für beider „Götterfunken“. Denn der 44-jährige Jordan legt einen überlegen disponierten Zyklus vor, entspannt, fein ausgehört. Historisch informiert, aber auch mit Wiener Schmäh, beweglich, aber sich immer wieder auch Zeit lassend. Ein Traditionsorchester schlägt hier Funken, überdenkt Überkommenes, findet zwanglos organisch einen neuen, schlanken, aber nicht schlichten Beethoven-Ansatz. Ganz anders hingegen die de-Luxe-Konkurrenz. Während Nelsons gleichzeitig einen sanglich-schlichten Bruckner-Zyklus mit seinem Leipziger Gewandhausorchester einspielt und alle Schostakowitsch-Sinfonien mit dem Boston Symphony, dem er ebenfalls vorsteht, kann er als Gast der Wiener nicht wirklich überzeugen. Die Wahl der Tempi wirkt kurios, die Übergänge tönen oft verhetzt, vor allem was die die Streicher-Bläser-Balance anlangt. Es mangelt an Dramatik und Unmittelbarkeit des Ausdrucks. Spannungsarm, wenig brillant fließt da zu vieles. Es fehlt an Tiefe und melodischer Eleganz. Krampfig klingt das, am ehesten gelungen sind noch die ersten beiden Sinfonien.
Philippe Jordan/Andris Nelsons : Beethoven-Sinfonien (Sony/Deutsche Grammophon)
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