Erst einmal wurde diese Erstfassung von Giacomo Puccinis 1884 uraufgeführter Debütoper „Le Willis“, die später zu „Le Villi“ mutierten, bisher eingespielt. Das ist schon wieder 64 (!) Jahre her. Außerdem ist inzwischen bei Ricordi eine neue, kritische Ausgabe des Einakters erschienen, der seinen deutschen Sagenstoff um jungfräulich gestorbene Bräute, die ihre Verlobten als Geister verfolgen, von dem berühmten romantischen Ballett „Giselle“ übernommen hat. Insofern ist ein Label wie Opera Rara nicht verkehrt, um jetzt erneut den späteren Zweiakter in seiner radikaleren Urversion zu präsentieren. Bei der immer wieder an einigen Stellen bereits der später so typische Puccini-Tonfall durchschimmert. Mark Elder animiert das Philharmonia Orchestra zu klangfarbenprächtigem Spiel. Legitimiert ist diese Werkwahl aber auch durch die anrührend gefühlvolle Albanerin Ermonela Jaho, die sich dank ihres so raffiniert wie kontrollierten Vibratoeinsatzes, der feinen Höhe und differenziert-zartfühlender Gestaltungkraft neuerlich als echte Verismo-Primadonna unsere Zeit erweist. Neben ihr lässt der dunkel gefärbte, vom Bariton zu Tenorhöhen aufgestiegene Armenier Arsen Soghomonyan als ihr Liebhaber Robert sehr positiv aufhorchen. Und auch Brian Mulligan ist ein glaubwürdig intensiver Vater Guglielmo Gulf, der seine Preghiera „Angiol di Dio“ mit vibrantem Baritontimbre gestaltet. Ein Appendix mit drei Bruchstücken aus der Zweitfassung, darunter die schmerzlich-drängende Tenor-Scena drammatica „Torna ai felici dì“, zeugt wieder einmal von der sorgfältigen Opera-Rara-Detailarbeit. Und trotzdem ist diese glutvolle Talentprobe nur 65 Minuten kurz/lang.
Puccini: Le Willis (Opera Rara)
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