Zubin Mehta ist zweifellos einer der berühmtesten unter den gegenwärtig aktiven Dirigenten. Er ist ein geistvoller Gesprächpartner, ein freundlicher Herr. Heute wird er 80 Jahre alt. Und er ist eigentlich eine der exotischsten Figuren des Klassikbetriebs – nicht nur als in Mumbai geborener Inder parsischen Glaubens, der es in die Topetage geschafft hat. Gleichzeitig spricht er Deutsch mit Wienerischem Akzent, weil er dort in den Sechzigerjahren als Kontrabassstudent naturalisiert wurde, später als einer der distinguiertesten Schüler der Dirigentenlehrerlegende Hans Swarowsky galt. Dort hat er mit seinem bis heute engen Freund Daniel Barenboim und mit Claudio Abbado studiert; mit letzterem sang er auch im Wiener Singverein unter Herbert von Karajan.
Er ist mit dem ehemaligen Hollywood-Starlet Nancy Kovack („Jason und die Argonauten“) verheiratet, hat drei Kinder (eines unehelich), sein Bruder Zarin war Intendant des New York Philharmonic, sein Großvetter Bejun ist ein weltberühmter Countertenor. Ihn selbst verbindet eine ungewöhnlich lange und intensive Beziehung mit dem Israel Philharmonic Orchestra, wo er seit 1968 als Berater, seit 1977 als Chefdirigent und seit 1981 als Music Director auf Lebenszeit fungiert. Der Mitzwanziger dirigierte bereits die Wiener und Berliner Philharmoniker, denen er seit damals eng verbunden ist.
Zubin Mehta hat eine glanzvolle globale Karriere gemacht, sehr viel Aufnahmen eingespielt. Er war Chefdirigent in Montréal, 16 Jahre in Los Angeles, 13 Jahre beim New York Philharmonic, von 1985 bis vor kurzem beim Maggio Musicale in Florenz. 1998 bis 2006 war er Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper.
Doch für was steht Zubin Mehta? Eigentlich für nichts. Er ist ein klassischer Middle-of-the-Road-Man. Er hat noch am persönlichsten und intensivsten Mahler dirigiert. Ansonsten ist er ein gern gelittener Allrounder im herkömmlichen Repertoire. Er hat nichts entdeckt, sich für keinen Komponisten im besonderen stark gemacht. Seine Interpretationen wurden mit dem Alter immer glatter und austauschbarer. Er ist berühmt, mit ihm arbeitet es sich leicht, die Resultate sind voraussehbar. Sein Glück ist, dass er in ein anderen Zeit groß wurde und immer noch da ist, dass er im Betrieb wunderbar funktioniert. Offenbar braucht es auch solche Stützen.
Hans Swarowsky nannte Zubin Mehta einmal „einen geborenen Dirigenten“. Das sieht man wenn er sich elegant durch die komplexesten Partituren bewegt. Doch auch der sollte nicht nur funktionieren, sondern etwas zu sagen haben. Den versatilen, aber flachen Zubin Mehta sollten sich die gegenwärtigen Senkrechtstarter am Pult wie Gustavo Dudamel, Andris Nelsons oder Yannick Nézet-Séguin als Beispiel unbedingt vergegenwärtigen.
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