Mozart auf der Reise zu den Frauen: Die französische Koloratursopranistin Sabine Devieilhe widmet ihr zweites Album drei, respektive vier Damen, die dessen Leben entscheidend bestimmt haben: die resolute, stets auf ihren monetären wie ideellen Vorteil bedachte Cäcilie Weber mit ihren drei singenden Töchtern Aloysia, Constanze und Josepha. Am Pult des Ensemble Pygmalion steht Devieilhes Ehemann Raphaël Pichon. Sabine Devieilhe? In Frankreich schnalzen nicht nur die Kenner genießerisch mit der Zunge, fällt der Name der 28-Jährigen aus der Normandie. Sie ist einer der aufgehenden Sterne am französischen Sängerinnenhimmel. Und ihre neue Erato-CD wird auch hierzulande ihren Ruhm sicher verbreiten.
Erst „Incarnatus est“, dann – mit nur wenig Schweigeabstand – „Leck mich im Arsch, feinsauber“, als Kanon! Am Ende wird Mademoiselle also dann sogar noch richtig ordinär. Darf man bei dem Sauhund und Schweinskopf Mozart ja auch. Ob sich der Wolfgang Amadeus und die Werbersche Bagage einst auch solche Sachen an den Kopf geworfen haben? Es ist schwersten zu vermuten, mal zärtlich, mal in Rage.
Hier jedenfalls, nach einigen Minuten ahnungsvoller Stille auf der Silberscheibe, findet sich dann eben nach dem ätherischen Lob auf den Fleisch gewordenen Gottessohn doch noch eine sehr irdische Erinnerung an den göttlichen Komponisten – als hidden track auf einem so klug zusammengestellten, wie hervorragend gesungenen und schön präsentierten Konzeptalbum.
Musik kann bekanntlich Geschichten erzählen – sogar die Love Story eines großen Komponisten. Schließlich geht es auch hier beim Tönesetzen vielfach um vokale Liebesgaben. Die der schwer emotionalisierte Wolferl, gerade eben vom pubertären Wunderkind zum Männlein gereift, den Webeschen bereitete. 21 Jahre alt war Mozart, als er in Mannheim die dort berüchtigte Familie kennenlernte. Die Mutter suchte für die begabten Töchter jeden nur möglichen Vorteil, künstlerisch wie gesellschaftlich.
Mozart verliebte sich in Aloysia, für die er komponierte, die ihn jedoch ablehnte. Später in Wien heiratete er 1782 deren Schwester Konstanze, und weitere Werke entstanden für Josepha – neben Aloysia eine der großen Operndiven des späten 18. Jahrhunderts. Ihr immenses Können zeigt sich in Mozarts Werken: Josepha brillierte als koloraturmächtige Königin der Nacht in der „Zauberflöte“, Aloysia bestritt in der dramatischen Konzertarie „Popoli di Tessaglia“ einen gewaltigen Tonumfang bis zum dreigestrichenen G – der höchsten für eine menschliche Stimme komponierten Note. Konstanzes sanfterem, auch nicht technisch so virtuosen Sopran vertraute Mozart hingegen das „Et incarnatus“ aus der Großen Messe c-moll an.
Sabine Devieilhe schlüpft in den diversen Arien, Liedern und Szenen meisterhaft in die unterschiedlichsten Rollen, zeichnet in vier Sprachen ein farbiges Bild dieses amourösen Kapitels aus Mozarts Leben und beleuchten damit auch so manche weniger bekannte Komposition des Salzburger Donnerblitzbuben.
Sabine Devieilhe – Mozart: Die Weber-Schwestern (Erato)
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