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Bürgerinitiative: Barcelona will klassischer werden

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Gran-Teatre-Liceu-de-Barcelona1Das Tuch ist edel, die Pelze sind zu beinahe jeder Jahreszeit viele, die Friseure der Stadt hatten Arbeit und die Juweliere haben gut verkauft. Selbst für einen gewöhnlichen Montag wirkt das Publikum im Gran Teatre de Liceu nach wie vor ausgesprochen edel. Der weltberühmte Sangestempel in Barcelona ist prallvoll. Das erstaunt und beruhigt zugleich. Denn mögen die nach Unabhängigkeit strebenden Katalanen auch gern als die Preußen Spaniens bespottet werden, die Wirtschaftskrise, die das ganze Land nun seit Jahren beutelt, ist auch hier längst nicht überwunden. Auch wenn man in der attraktiven Mittelmeermetropole weiterhin zufrieden auf steigenden Touristenzahlen blickt. Selbst das Liceu als kulturell internationale Speerspitze der stolzen Stadt hat finanziell bluten müssen. Orchester und Chor wurden abgespeckt, es gab Gehaltskürzungen, weniger Premieren, nicht mehr so viele teuren Goldkehlen wie früher. Die Deutsche Christa Scheppelmann, die vor kurzem die künstlerische Direktion übernommen hat, steht vor keiner leichten Aufgabe.

In einem ziemlich einmaligen Akt wollen ihr und anderen Kultureinrichtungen jetzt freilich Privatleute helfen. Barcelona global, ein Zusammenschluss von Wirtschaftsleuten und vermögenden Bürgern, möchte etwas tun, damit vor allem der Qualitätstourismus für Barcelona noch weiter angekurbelt wird. Die Infrastruktur – der ausgebaute Flughafen, schöne Hotels, gute Restaurants, Meer, nahe Strände und viel Sonne – ist reichlich vorhanden. Und so haben Bosse und Trendsetter, darunter etwa auch der Vorsitzende einer großen Brauerei, der praktischerweise auch noch im Board von diversen Kulturinstitutionen sitzt, sich zusammengefunden und die Initiative Barcelona obertura gegründet, wo die Musikmacher vor Ort besser verknüpft sind. Man plant jetzt auf längere Sicht gemeinsam, versucht jahreszeitliche Schwerpunkte und Minifestivals zu kreieren.

Schließlich sind 40 Prozent der Touristen Barcelona-Wiederholungstäter. Der Hafen ist einer der beliebtesten Startpunkte für Mittelmehrkreuzfahrten, und sehr viele der Schiffsbesteiger bleiben vorher noch bis zu drei Tage vor Ort. Und die sollen nachhaltig auf das reichhaltige Konzert- und Opernangebot hingewiesen werden. Neben dem Liceu, nicht weit weg in der Altstadt, gibt es mit dem üppig Jugendstil-verzierten Palau de la Musica Cátalana den einzigen als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichneten Konzertsaal, wo alle berühmten Namen auftreten. Und in einem der schicken Neubauviertel liegt das moderne, 1999 von Rafael Moneo erbaute  Auditori, Spielort vieler Klassiksterne und Heim des umtrieben städtischen Sinfonieorchesters, dem gegenwärtig der Japaner Kazushi Ono vorsteht. Das gastiert zudem im Sommer gern auch im atmosphärischen Nachbau eines griechischen Theaters am nahe dem Meer gelegen Kulturhügel Montjuic.

825278302Barcelona will mehr sein als nur mediterrane Sehnsuchtsstadt oder Partymetropole. Barcelona – und damit Katalonien – möchte als Kulturziel ernstgenommen werden. Gerade für Oper und Konzert. Daran wird noch zu arbeiten und zu optimieren sein. Aber viele Voraussetzungen sind bereits da. Wie beispielsweise eben die Wiener Philharmoniker. Die eigens im Rahmen einer exklusiven Kreuzfahrt auf der Mein Schiff 3 an Land gingen und im Palau spielten. In vier Wochen übrigens schon wieder. Diesmal im Rahmen einer ganz „normalen“ Tournee unter Daniele Gatti. Die Wiener gleich wieder in der Stadt: damit können selbst alteingeführte Musikmetropolen nicht aufwarten.

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