Er ist wieder da! Zwei Jahre nach seinem erzwungenen Abgang vom Berliner Staatsballett haben sich im gut gefüllten Berliner Admiralspalast für zwei Abende neuerlich die längst schon in Berlin traditionellen „Malakhov & Friends“ um den ehemaligen Berliner Ballettdirektor und Starballerino zusammengefunden, um eine Gala mit klassischen und modernen Gustostücken zu veranstalten. Fast könnte man das, wäre der Termin nicht zufällig gewählt, als eine Kampfansage an den an diesem Wochenende zu Ende gehenden „Tanz im August“ verstehen, der diese Ausgabe wieder besonders auf Anti-Tanz aus war, verbiestert diskursiv, minderheitenfreundlich und sich für eine intellektuell gleichgeschaltete inner crowd von ziemlicher Übersichtlichkeit einigelnd. Und auch vom Berliner Staatsballett von Vladimir Malakhovs dauerangeschlagenem Nachfolgers Nacho Duato war natürlich keiner auf der Bühne in der Friedrichstraße, aber einige Stars saßen im Zuschauerraum.
Früher war er vom Apparat gepampert, diesmal mussten Malakhov und sein kleines Team alles selbst organisieren. Und natürlich ist die kleine Bühne in dem zentral gelegenen Mehrzwecksaal nur zweite Wahl, aber alles funktioniert pannenlos, das Publikum klatscht lang und viel. Natürlich besonders als am Ende endlich er selbst erscheint. Er und seine zur vollendeten Ballerina gereifte, früher als Dauergast auch in Berlin erwachsen gewordene Partnerin Diana Vishneva tanzen Hans van Manens Charaktergala-Piece „The Old Man and Me“. Wunderbar der Ausdruck der beiden, die wachsende Emotion, wenn sie ihn nach einem J.J. Cale-Scherzo endlich mit der einst für Elefanten geschriebenen Circus Polka von Igor Strawinsky und dem Adagio aus Mozarts 23. Klavierkonzert noch einmal zu Tanz und Leidenschaft verführt. Zwei erfahrene Gestalter kosten dabei jede Nuance aus, der 48-jährige Vladimir Malakov offenbart Komik und Ernst zugleich. Und wird dankbar und ausführlich von seinem vielen Fans gefeiert.
Zuvor gab es das bei Galas übliche Wechselbad. Rainer Krenstetter, ebenfalls abgestoßener Staatsballett-Star, jetzt als Balanchine-Ballerino beim Miami Ballet erfolgreich, zeigte mit seiner Partnerin Tricia Albertson Tarantella-Temperament, während der „Sommernachtstraum“-Auszug allzu zuckrig blieb.
Der Auftakt, immer schwer, mit Maurice Béjarts „Cinq préludes pour violincelle“ mit der mickymausigen Mika Yoshioka und dem sehnigen Galiotto Mattio geriet ein wenig lang und fad, beide Tänze sind auch nicht die stärksten Gestalter. Ihr späterer Pas de Deux de „Chéreau et Mishima“, ebenfalls von kreativen Hauptlieferanten des Béjart Ballet Lausanne, war dafür wieder vorbei, kaum das er begonnen hatte.
Modern köperbeton und mit viel Haut gaben sich Lázló Major und Daichi Uematsu, die beiden Jungs von der Göyr Dance Group, welche Malakhov promotet, in zwei Ausschnitten von Lázló Velekei. Auch die Tänzerin Emi Hariyama ist eine gute Malakhov-Vertraute. Im selbst choreografierten „Dream“ zu Massenets sülziger „Thais“-Meditation wusste sie aber geschickt und mit wenigen Mitteln Kitsch und Camp zu verbinden und auf ihre dramatischen Gebärden zuzuschneidern. Vom Tokyo Ballet kam die kühle Mizuka Ueno, die besonders in Roland Petits augenzwinkernd über Tisch und Stuhl tanzendem „Check to Check“ mit dem generösen Luigi Bonino hüftwackelnd zu begeisterte.
Toll war es, zwei der russischen Nachwuchspaare aus den beiden klassisch großen Truppen zu sehen. Ungewöhnlicher gaben sich Victoria Brileva und Fedor Murashov vom St. Petersburger Mariinsky Theater in „Keep Calm“, einem witzigen mit Genderregeln spielenden Pas de Deux mit Unisex-Karoröckchen und S-churbärten von Vladimir Varnava. Jugendstilig verspielt verknoteten sich ihre Arabesken im spanischen Panaderos aus „Raymonda“. Noch mehr überzeugten die feingliedrige Julia Stepanova und der kraftvoll geschmeidige Denis Rodkin vom Bolschoi Theater aus Moskau. Konnte ihr „Le Corsaire“-Duo wegen der geringen Bühnenmaße nur beschränkt akrobatisch glänzen, fesselte ihre Darstellungskraft im schwülstig-fiesen Verführungs-Pas aus Valdimir Vasilievs „Macbeth“.
Kein Halten gab es freilich im Publikum für die stille, doch intensive Ausstrahlungsmagie des eben in München von Igor Zelensky geschassten Starpaares auf der Bühne wie im Leben, Lucia Lacarra und Marlon Dino. Die ätherische Spanierin und der muskulöse Albanier, das passt einfach! Sowohl in Russell Maliphants sportiv-lyrischem „Spiral Twist“ wie auch im sanft sinnlichen Light Rain“ von Gerald Arpino zu pseudoarabischen Arpeggien.
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