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Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
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Berliner Staatsballett: Sasha Waltz ist endlich am Ziel

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Sasha-Waltz_2013_c_Andre-RivalHat die SPD-Kultur-Connection also wieder funktioniert! Eine Woche vor der Wahl, ohne zu wissen ob sie danach noch verantwortlich sein werden, haben Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und sein parteiloser Staatssekretär Tim Renner also beim dahindümpelnden Staatsballett die Reißleinen gezogen. Der von Anfang an so glücklose wie desinteressierte Nacho Duato ist somit Geschichte. Er darf aber noch drei weitere Jahre lang bei vermutlich ähnlich schlechter Auslastung seinen Vertrag erfüllen und sinnlos Geld verbrennen, wie jetzt bei seinem nicht sonderlich neuen „Nussknacker“. Was ihn sicher nicht eben motivieren wird.

Ab 2019 sollen dann dort Sasha Waltz und der gegenwärtig seit 2011 in Stockholm als Ballettdirektor amtierende Johannes Öhman als Doppelspitze die Tanzgeschäfte führen und die dann sicher ganz herabgewirtschaftete Truppe wieder attraktiv machen. Und wer Sasha Waltz kennt, der weiß, dass es natürlich ein flotter Dreier werden wird. Denn ihr umtriebig networkender Mann Jochen Sandig, der seit Jahren darauf hingearbeitet hat, wird selbstredend mit die Strippen ziehen. Und somit hat wieder mal der nicht totzukriegende Berliner Filz gewonnen.

CFRtsp-WYAAGQ3FIst das jetzt gut? Vor zehn Jahren hätte man wohl noch gejubelt. Aber augenblicklich kommt eine solche Lösung reichlich spät. Man hätte sie auch schon mit oder nach Vladimir Malakhovs Abgang vor zwei Jahren haben können, der ebenso unwürdig inszeniert wurde, wie jetzt der von Duato. Sasha Waltz wird 2019 dann 56 Jahre alt sein. Sonderlich kreativ gewesen ist sie in den letzten Jahren nicht. Ihre letzte Premiere, die Ballettoper „Orfeo“ war im Herbst 2014. Neues ist bisher nicht angekündigt. Und auch an ihrer choreografischen Sprache, die manchen stets nur als Höhere-Töchter-Ikebana galt, hat man sich inzwischen etwas satt gesehen. Deshalb hatte sie auch immer wieder den Sprung zur Opernregie versucht, was zuletzt 2014 bei einem von Daniel Barenboim an der Staatsoper dirigieren „Tannhäuser“ krachend bauchlandete. Sasha Waltz, das ist also eine ästhetisch gefällige, in Berlin wohlgelittene, aber irgendwie auch ein wenig gestrige Lösung. Aufbruch sieht anders aus. Klar, da hat Berlin ein wenig nach Antwerpen geschielt, wo das klassisch ausgerichtete Flandern Ballett letzte Spielzeit mit Sidi Larbi Cherkaoui und einem Forsythe-Zögling ein ähnliches Experiment gestartet hat. Ausgang offen, der polystilistisch dauerproduzierende Cherkaoui aber scheint gegenwärtig zumindest künstlerisch potenter.

Und man war, wie immer in Berlin, expertenresistent. Kulturpolitische Entscheidungen werden hier weiterhin im kleinsten Kreis ausgeklüngelt. Mal sehen, wie ein wohlmöglich neuer Kultursenator aus einer anderen Partei nach dem 18. September solches goutieren wird

Die große Staatsballett-Lösung, auf die viele gehofft hatten, ist es nun also wieder nicht. Eher ein lokales Schwammdrüber. Johannes Öhman, den in Deutschland keiner kennen muss, und der sicher auch von Waltz/Sandig abgenickt wurde, hat in Stockholm einen ordentlichen Job gemacht. Immerhin hat er seinen vielgefragten Landsmann Alexander Ekman als Choreograf an das Haus gebunden, hierzulande hat der zuletzt mit „Cow“ in Dresden einen witzigen Abendfüller herausgebracht.

Und Sasha Waltz wird eben weiter Waltz machen. Mal sehen, wie interessant das in drei Jahren noch sein wird. Heute sieht es auf jeden Fall ein wenig nach Vorruhestandsregelung für eine verdiente Stadtgröße mit eben noch internationaler Aura aus. Typisch berlinsch eben.

Der Beitrag Berliner Staatsballett: Sasha Waltz ist endlich am Ziel erschien zuerst auf Brugs Klassiker.


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