„Vincerooooo!“ Ich werde siegen. Das singt der Prinz Kalaf in Giacomo Puccinis China-Parabel „Turandot“ auf dem hohen H. Und am Schluss wird er wirklich nicht nur die drei alle anderen Ehemann-Bewerber den Kopf gekostet habenden Rätsel gelöst, sondern auch das Herz der eisumgürteten Prinzessin geschmolzen haben. So steht es im Opernmärchen. Am 7. und 10. Juli aber stand der südafrikanischen Heldentenor Johan Botha in dieser Rolle wieder auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper in München, so wie vorher schon im Juni in einer semi-konzertanten Aufführung in Budapest als Siegmund in der „Walküre“, wo er selbstredend die Winterstürme tenorleuchtend dem Wonnemond hatte weichen lassen.
Doch dieser 10. Juli war eben nur einen Sieg auf der Opernbühne. Im echten Sängerleben wusste der in jeder Hinsicht machtvolle Tenor wahrscheinlich schon, dass es mit all den anderen, von der Opernwelt gnadenlos auf Jahre im Voraus geplanten und veröffentlichten Terminen für die nächste Spielzeit wohl nichts mehr werden würde. Denn schon acht Monate vorher hatte er alle Termine absagen müssen. Er war an Krebs erkrankt, Pankreas heißt an. Er hatte gekämpft und hatte gewonnen. Denn war er noch einmal auf die Bühne in zwei seiner liebsten und erfolgreichsten Partien zurückgekehrt. Und er wurde nicht nur gefeiert, er bekam auch gute Kritiken: Die strahlende, kultivierte, auch zu Piano-Tönen fähige Stimme hatte sich trotz der heftigen Kranheit und ihrer noch heftigeren Behandlung erhalten.
Im Sommer sang er ein finales Konzert in Kapstadt. Tristan, Peter Grimes, vielleicht doch noch Siegfried wollte er noch singen. Letzte Nacht aber ist Johan Botha in seiner Wahlheimat Wien gestorben, der Krebs war stärker. Er wurde nur 51 Jahre alt. Und die Opernwelt ist in jedem Fall ein starkes Stück leiser geworden. Wiener Kammersänger war er schon, Ehrenmitglied der Staatsoper, wo er 222 Vorstellungen sang, wurde der österreichische Staatsbürger im Frühjahr 2016; die Urkunde konnte ihm freilich nicht mehr überreicht werden. Über dem Haus am Ring wurde heute die schwarze Flagge gehisst. Vincero in Pace.
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