Es geht wieder los. Nachdem das nicht so bedeutende Fort Worth Symphony Orchestra vor drei Wochen zu streiken begonnen hat, haben nur auch die Musiker von zwei der wichtigsten US-Orchester die Arbeit niedergelegt – die des Philadelphia Orchestra und die des Pittsburgh Symphony Orchestra. In Pittsburgh sogar hochsymbolisch am Tag der Eröffnungsgala, kurz vor dem Konzert, das normalerweise auch ein großes Spendensammelevent ist. So wurde freilich nicht nur die Öffentlichkeit brüskiert, sondern auch die Geldgeber, in Amerika besonders wichtig, da man sich mehrheitlich aus Kartenverkauf und privaten Zuwendungen finanziert. In Philadelphia fiel die Entscheidung so spät, dass die meisten Besucher schon aufgehübscht, zum Teil nach mehrstündiger Fahrt vor der Konzerthalle standen. Sie mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen, nur die ganz großen Geldgeber durften ihr Galaessen abhalten, das allerdings ziemlich unfroh ausgefallen sein dürfte.
Die beiden in Pennsylvania beheimateten Orchester haben schon länger mit finanziellen Problemen zu kämpfen, deshalb versucht das Management jeweils in den neu zu verhandelnden Arbeitsverträgen der Musiker diese zu drücken. In Philadelphia hatte sich das weltberühmte, inzwischen von Yannick Nézet-Séguin, einem der größten Hoffnungsträger unter den jüngeren Dirigenten geleitete, endlich wieder CDs einspielende Orchester, vor vier Jahren für bankrott erklärt. Dann haben Restrukturierungsmaßnahmen begonnen, wobei auch die gegenüber Europa viel höher bezahlten Musiker, von den viele in ihren nicht wenigen Freizeit noch zusätzlich unterrichten oder anderweitig auftreten, sich auf einen Lohnverzicht von 14 Prozent und den Verlust von Privilegien einließen. Diese fordern sie freilich in der neuen Tarifrunde nun wieder. Das Management will auf das Grundgehalt von 127.608 Dollar aber alljährlich nur zwei Prozent mehr zahlen. Und so konnte Nézet-Séguin am Freitag keinen Gershwin und Ravel dirigieren.
In Pittsburgh, wo der gerade die Berliner Philharmoniker dirigierende Österreicher Manfred Honeck sehr erfolgreich als Chef amtiert, wie kürzlich auf der großen Europatournee zu hören war, stehen die Verhältnisse noch schlechter. Die riesige Heinz Hall, ein ehemaliger Kinopalast mit 2700 Sitzen, ist zu wenig ausgelastet in einer Stadt mit nur 300.000 Einwohnern, in einer fragilen ökonomischen Situation, sieht sich das Orchester mit einem Jahresdefizit von 1,5 Millionen Dollar konfrontiert. Wenn das so weitergehen würde, wäre man im Mai 2017 pleite, heißt es, denn bei einem Budget von 32 Millionen Dollar schleppt man bereits elf Millionen Dollar Schulden mit sich. Deshalb will auch hier das Management in den neu auszuhandelnden Verträgen die Jahresgehälter von mindestens 107,239 Dollar für ein Jahr um 15 Prozent kürzen, die Pensionsansprüche einfrieren und das Orchester von 99 Stellen um drei gerade nicht besetzte Posten auf 96 reduzieren. Das haben die Musiker abgelehnt, auch hier wurden Konzerte mit Filmmusik von John Williams dieses Wochenende abgesagt.
So wird dieser Herbst wohl wieder mal ein sehr tumultöser für das US-Musikleben und die amerikanische Orchesterkultur werden…
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