Ob da Maria die Stirn in Sorgenfalten legt, Ochse und Esel murren, Joseph sich wundert, die drei heiligen drei Könige noch morgenländischer dreinblicken und der Chor der Engel erstarrt, das Jesuskindlein würde wohl beseligt lächeln und mutwillig vergnügt strampeln: Denn Christoph Israel hat das Krippenidyll alljährlich neu abgespulter Weihnachtslieder mit seinen Contemporary Classic-Versionen ein wenig verstört. Man kennt ihn eigentlich als formvollendeten Pianist von Max Raabe, auch als Arrangeur und Komponist ruhiger, melancholisch-witziger Lieder, die er mit dem Bariton deutschlandweit auf Tournee vorgetragen und auch eingespielt hat. Und nun wollte die Deutsche Grammophon also von ihm eine Weihnachtsplatte im neuen Klanggewand. Er hat das scheinbar Bekannte neu gehört, akustisch überprüft und variiert, manchmal auch ein wenig zu dekonstruiert. Als Mittelding zwischen dem festlichem Trompetenglanz der deutschen Weihnacht und dem swingenden, candyverpackten White Christmas der Amerikaner. Besonders gelungen sind seine Introduktionen, zwischen Ambient und Filmmusik, Neoklassik, Jazz und Freestyle, wo man erst mal raten muss, welches Lied es sein könnte, bis das Stück dann wieder in gewohntere Klangbahnen einbiegt. Das Filmorchester Babelsberg hatte viel Spaß an diesen variantenreichen Arrangements. Das hört man in den reinen Instrumentaltiteln wie etwa dem vielgestaltigen „Morgen Kinder wird’s was geben“, dem streicherfeinen „Joseph, lieber Joseph mein“, dem spieldosenhaften „O Tannenbaum“ oder dem verzirpten „Leise rieselt der Schnee“. Auch Gaststars sind dabei: Albrecht Mayer modelliert mit sahnigem Englischhorn, der sehr tiefgelegte Thomas Quasthoff und die kratzig-aufgeräumte Katharina Thalbach – nur auf Max Raabe, der sich sehr um klassisch geradlinigen Schöngesang müht hätte man verzichten können. Manuel Brug
Christoph Israel: Wintermärchen (Panorama/Universal)
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