Quantcast
Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 826

Brugs Beste: Nr. 6 Nikolaus Harnoncourts Missa solemnis

$
0
0

beethoven_missa-solemnis_sony_harnoncourt_cover-artWer daran glaubt, möge ein Kerzlein anzünden, die anderen wenigsten kurz innehalten. Heute, am Nikolaustag, wäre ein solcher, nämlich Johann Nicolaus Graf de la Fontaine und d’Harnoncourt-Unverzagt, weltberühmt als Nikolaus Harnoncourt 87 Jahre alt geworden. Wäre, wenn er nicht am 5. März, nach einem unglaublich erfüllten Musikerleben, gestorben wäre. Ein klingendes Vermächtnis hat (neben seinen hunderten CDS) dieser Elefantöse der historisch-informierten wie einfach nur neugierigen, ständig hinterfragenden Interpretationspraxis freilich uns übriggelassen. Die im Sommer 2015, bei seinem eigenen Festival, der Grazer Styriarte im Stefaniensaal mitgeschnittene Missa Solemnis von Beethoven; sie spielte er kurz darauf auch bei der Ouverture Spirituelle der Salzburger Festspiele, seinem dort letzten Auftritt. Er hat damit auch 1992, erst nach dem Tod Karajans, hier debütiert. Ein Bekenntniswerk lag also nochmals auf den Pulten seines Concentus Musicus, dem sich Harnoncourt in seinem Dirigentenleben immer wieder ausgesetzt und das er bereits 1993 aufgenommen hatte, damals mit dem Chamber Orchestra of Europe. Und natürlich ist diese Missa auch nun nichts Endgültiges, nur ein weiterer Zwischenschritt; wenn er gekonnt hätte, dann hätte der ewig Suchende in zehn Jahre seine Auffassung noch einmal wiederholt – oder eben revidiert. „Assai sostenuto. Mit Andacht“ steht da am Anfang der Notenausgabe. Und Harnoncourt übergeht das nicht, genauso wenig wie auch die weiteren, akribischen, oft umstrittenen Tempobezeichnungen Beethovens. So kommt oft genug ein Werk der Kontemplation, keines der Überwältigung heraus, mit Chorsopranen, denen im Diskant die Halsadern zu platzen drohen. Nein hier, beim Arnold Schönberg Chor ist keiner gefährdet, auch weil auf 430 Hertz musiziert wird. Der Chor ist das vokale Schmuckstück dieser Version, von den Solisten gewinnt nur die reife Weggefährtin Bernarda Fink nachhaltig Kontur. So wurde es eine sehr nach innen gerichtete Version, „solemnis“ ist dabei stets mit einem Fragezeichen versehen. Aber wer hätte von Nikolaus Harnoncourt anderes erwartet? „Sanctus“ und „Agnus Dei“ berühren tief, und natürlich endet es wieder mit dem „Dona nobis pacem“ als „Bitte um innern und äußern Frieden“. Harncourt dürfte ihn zumindest an diesen Konzertabenden in einer Mischung aus Spiritualität und generöser Gelassenheit gefunden haben, wir können ihn nötiger den je gebrauchen.

Ludwig van Beethoven: Missa solemnis. Laura Aikin, Bernarda Fink, Johannes Chum, Ruben Drole, Arnold Schönberg Chor, Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt (Sony Classical)

Der Beitrag Brugs Beste: Nr. 6 Nikolaus Harnoncourts Missa solemnis erschien zuerst auf Brugs Klassiker.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 826