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Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
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Brugs Beste: Nr. 15 Jonas Kaufmann im italienischen Doppelpack

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71ixjngxpwl-_sy445_Der Ermordete wird zum Mörder, das Opfer ein Täter. So ist es, wenn ein einziger Tenor den Turridu in „Cavalleria Rusticana“ und den Canio in „I Paggliaci“ singt, was selten genug vorkommt. Wobei nicht zwangsläufig ein geistiger Zusammenhang konstruiert werden muss zwischen der erdig-melodiesatten Archaik einer „sizilianischen Bauernehre“ und dem impressionistisch farbsprühenden, bald blutigen Vorstadttheater des „Bajazzo“. Aber man kann die Stücke gedanklich kurzschließen – wenn man einen Jonas Kaufmann hat. Und auch wenn der leider seit vier Monaten kranheitsbedingt verstummt ist, es gibt ja die DVD. Da Da singt er im Salzburger Festspielhaus Turridus Serenade mit gefährlich brechender, nach innen gerichteter Stimme. Später fährt er seinen dunkel grundierten Tenor weiter hoch und stülpt doch vor allem seine Seele nach außen. So wie er dem Canio verloren-verletzliche Züge gibt. Bei dem ist schon seine Körpersprache eine andere: nervöser, beweglicher. Die unter Tränen lachende große Soloszene wird ebenfalls zur vokalen Erkundung des inneren Seins. Auch die voluminös, doch schlank singende Santuzza von Liudmyla Monastyrska, die flirrend-flirtende Nedda (Maria Agresta) und der bedrohliche Alfio (Ambrogio Maestri) sind großartig. Regisseur Philipp Stölzl entwickelt passend die theatralische Kraft des Verismo aus der Attitüde des italienischen Stummfilms und siedelt diese gleichzeitig ästhetisch in einer schwarz-weiß schraffierten Comicwelt an. Als Bühnenkonstrukt hat er sechs Kammern mit Rollvorhängen entworfen, die zweistöckig an der Rampe der Cinemascope-Bühne stehen. Nur Christian Thielemann und seine zunächst viel zu luxuriös spielende Dresdner Staatskapelle wallen in einem breiten Flussbett aus Schicksalsklang. Das fließt durchsichtig, gewinnt schließlich an Fahrt, Dichte und Temperament.

Mascagni/Leoncavallo: Cavalleria Rusticana/Pagliacci. Jonas Kaufmann, Liudmyla Monastryrska, Maria Agresta, Ambrogio Maestri, Annalisa Stroppa, Stefania Toczyska, Dimitri Platanias, Tansel Akzeybek, Alessio Arduini, Sächsischer Staastopernchor, Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann (Sony Classical)

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