Heute wird Leontyne Price 90 und wie jetzt bekannt wurde, ist ein andere Jahrhundertsänger bereits am 8. Januar im Alter von 91 Jahren gestorben: Nicolai Gedda. Eine der Besten, ein grandioser Stilist, von Kennern geschätzt, aber nie wirklich populär geworden. Ein kluger, fleißiger Vokalist mit hellem, nicht warmen, aber immer erkennbaren Stimmmaterial, technisch fast untadelig, mit beneidenswert klarer Höhe, sprachlich ein Meister wie nur wenige seiner Zunft. Hier noch einmal mein „Welt“-Geburstagsartikel zum 90.: Klarheit und Kühle, Höhensicherheit und polyglotte Raffinesse, ein riesiges Repertoire und enormer Fleiß. Das alles sind Dinge, die man mit dem schwedisch-russisch-deutschen Tenor Nicolai Gedda verbindet. Nicht zuletzt wurde er wegen seiner immensen und immer mustergültigen bis grandiosen Plattenpräsenz zu einer der zentralen, gern erinnerten Tenorstimmen der Nachkriegszeit. Von Anfang der Fünfziger bis zu seinem Bühnenabschied 1997 war er fast fünf Jahrzehnte präsent.
Der 1925 in Stockholm als Harry Gustaf Nikolai Gädda geborene Sänger wurde dank seiner lyrisch leuchtenden Stimme, seiner stupenden Technik, Intelligenz und Mehrsprachigkeit ein einzigartiger Sänger: Leicht schien ihm alles zu fallen, als ob er immerwährend lächelte. Dabei war er schüchtern und oft vom Lampenfieber gepeinigt. Dank seiner engen und treuen Beziehungen zu dem legendären Produzenten Walter Legge und dessen Plattenfirma EMI, die heute als Warner Classics firmiert, ist er zudem einer der meistdokumentierten Klassikkünstler. Nur Plácido Domingo hat ihn überholt, aber Gedda blieb authentischer in seinen vielfältigen Rollen, die von für die damalige Zeit vorbildlichen Bach-Passionen und Glucks Orpheus der Vorklassik bis zu den gemäßigten Neutönern des 20. Jahrhunderts wie etwa Rolf Liebermann reichten.
Nicolai Gedda brillierte im Verlauf seiner am Anfang auf beängstigend hohen Touren laufenden Weltkarriere, was ihm allerdings offenbar nicht schadete, auf der Bühne wie in seinen weit mehr als 70 Studiopartien sowohl im Mozart-Repertoire als auch im lyrisch italienischen und französischen Fach. Er sang zudem in Russisch, Englisch und natürlich Schwedisch. Er war als untadeliger, höchstens ein klein wenig reservierter Stilist perfekt für die deutsche Spieloper von Lortzing, Weber, Schubert und Mendelssohn wie für Operette und glänzte auch als passionierter und universeller Liedsänger. Maria Callas und Herbert von Karajan schätzten ihn als Partner.
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