Die Metropolitan Opera hält sich nach wie vor für das führende Haus der Welt. Darüber kann man lange streiten. Das teuerste ist sie sicherlich – mit einem Budget von über 300 Millionen Dollar für immerhin 220 Aufführungen von 26 Werken. Doch was sie für die Saison 2017/18 anzubieten hat, ist ziemlich mager. Und zwar nicht nur bei den auf fünf Premieren zusammengeschrumpften Novitäten, bei denen man die ENO-Übernahme von Calixto Bieitos „Macht des Schicksals“ gestrichen hat, was angeblich ein Million Dollar gespart hat. Unverständlich, was an der Met immer so viel Geld verschlingt, wenn die Inszenierung schon vorhanden ist (und sicher bereits angezahlt wurde). Stattdessen dirigiert James Levine viermal Verdis Requiem. Und bereits der Eröffnungspremiere ist der Star abhanden gekommen, denn Anna Netrebko, die erst zu- und dann abgesagt hat, weil die Rolle nicht zu ihrer Stimme passt (könnte man auch mal ausprobieren, bevor man Verträge unterschreibt) darf sich ja heute alles erlauben. München, Wien, Paris, die Scala, die Salzburger Festspiele, alle sind sie korrumpierbar und lassen längst auch ihren zweitklassigen Tenorgatten (mit)auftreten.
So kommt nur Sondra Radvanosky zum ihr gebührenden Glamour–Auftritt als Druidin. Spätestens mit ihrer in „Roberto Devereux“ gipfelnden Tudor-Trilogie à la Donizetti hat sie sich das verdient. Wie schon in London singt Joseph Calleja an ihrer Seite, dazu gibt es als luxuriöse Adalgisa Joyce DiDonato, deren Status am Haus man konsequent ausbaut. Carlo Rizzi wird am Pult nicht weiter auffallen, David McVicar wird solide-abwaschbar inszenieren. Und darf deshalb gleich (dann schon zum neunten Mal)wieder bei der nächsten Premiere ran, denn Luc Bondys gerade mal acht Jahre alte, von Anfang an gehasste, gleichwohl in Mailand und München nachgespielte „Tosca“ wird schon wieder entsorgt.
Dazwischen gibt es noch die Übernahme des „The Exterminating Angel“ von Thomas Adès, die mit London und Kopenhagen geteilte Buñuel-Vertonung war 2016 in Salzburg uraufgeführt worden, freilich dort etwas stargespickter besetzt. In der „Tosca“ dirigiert immerhin Andris Nelsons seine Ehefrau Kristine Opolais, deren Stern am Haus freilich auch schon wieder sinkt; Jonas Kaufmann und Bryn Terfel sind als vielgereistes Puccini-Dream-Team mit dabei. Im April gibt dann Anna Netrebko ihr Rollendebüt. Ebenfalls von der English National Opera kommt eine weitere Übernahme, eine in den Fifties auf Coney Island spielende „Così fan tutte“ von Phelim McDermott aus dem Jahr 2014, die sehr low key besetzt ist – David Robertson dirigiert Amanda Majeski, Serena Malfi, Ben Bliss, Adam Plachetka, Christopher Maltman und die Broadway-Soubrette Kelli O’Hara als Despina.
Für Joyce DiDonato kommt als Starvehikel Laurents Pellys seit 2006 von Sant Fe über Brüssel, London, Lille, Barcelona weitgereiste, längst auch mit ihr auf DVD verfügbare Produktion von Massents „Cendrillon“. Und als Debütanten im Repertoire angekündigt werden unter anderem Tara Erraught, Golda Schultz, Angel Blue, Sally Matthews, Christiane Karg, Evelyn Herlitzius (!), Michaela Schuster, Alexander Vinogradov und in einem Konzert die umschwärmte Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla. Natürlich muss auch Plácido Domingo ran – mit einem Rollendebüt als Vater in Verdis „Luisa Miller“.
Der designierte Chefdirigent Yannick Nézet-Séguin steht bei „Parsifal“ und „Elektra“ am Pult. Nach 25 Jahren wird Rossinis „Semiramide“ für Angela Meade, Javier Camarena und Ildar Abdrazakov wiederaufgenommen. Und man merkt schmerzlich: Es gibt kaum noch Stars, die das Repertoire veredeln und der schlechten Auslastung auf die Sprünge helfen können.
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