Das Berliner Ballettdrama nimmt kein Ende. Der Intendant des Staatsballetts Berlin, Nacho Duato, hat in der vergangenen Woche Kultursenator Klaus Lederer schriftlich darüber informiert, dass er ein Jahr früher, nämlich im Sommer 2018 aus seinem Vertrag entlassen werden möchte. Vorbehaltlich der Zustimmung durch den Stiftungsrat will Lederer dem Wunsch entsprechen, wie er eben mitteilen ließ. Stattdessen soll der Schwede Johannes Öhman, das zweitklassige Klassikfeigenblatt der designierten Chefin Sasha Waltz, bereits ein Jahr früher dieser den Weg freischlagen. Lederer, der schon bei dem von ihm zwar öffentlich angezweifelten Chris Dercon als neuem Volksbühnenchef, alles laufen lässt, konnte sich offenbar auch bei der Baustelle Staatsballett nicht durchsetzen. Schließlich hat sein Chef, der Regierende Bürgermeister Michael Müller, kurz vor Ablauf der letzten Legislaturperiode mit zweifelhafter Legitimation durch einen nur noch rudimentär vorhandenen Stiftungsrat diese Lösung durchgeboxt – am nicht informierten Ballett vorbei, das inzwischen weit über 20.000, zum Teil prominente Proteststimmen gegen diese Lösung gesammelt hat.
Es nützt aber alles nichts. Man will, weil man es früher versäumt hat, jetzt Sasha Waltz zur Alleinherrscherin des Berliner Tanzgeschehens machen. Egal ob sie dazu befähig ist und ob sie künstlerisch noch etwas zu sagen haben wird. Waltz will zudem weiterhin ihre eigene Kompanie führen, während ihr Gatte Jochen Sandig im Kulturhaus Radialsystem mitmischt und seine Frau natürlich auch bei den zusätzlich von ihm geleiteten Ludwigsburger Festspielen auftreten lassen will.
Nur wird dabei jegliche Aufbauarbeit, die seit 2004, dem Gründungsjahr des Staatsballetts geleistet worden war, dahin sein. Die demotivierte, kaum noch beachtete Kompanie hat schon jetzt kaum mehr interessante Tänzer. Duato hat nichts aufgebaut, seine Zeit waren verlorene Jahre. Weder Waltz noch Öhman haben bisher mit der Kompanie oder der Öffentlichkeit kommuniziert. Und auch Lederer hat sich, wenn überhaupt, nur vage zum Staatsballett geäußert. Heute hat er zum ersten Mal die Kompanie aufgesucht, um sie wenigsten diesmal vorab zu informieren.
Die Politik, sie woll also ganz offensichtlich kein klassisches Staatsballett mehr. Alle Publikumslieblinge werden bis 2019 verrentet sein (Nadja Saidakova etwa gibt auch bereits im Mai ihre Abschiedsvorstellung), wer kann, wird unter solchen Perspektiven das Weite suchen. Wen freilich ein Johannes Öhman als klassische Koryphäe anziehen wird, wo er selbst an seinem Stockholmer Kompanie kaum klassisch tanzen lässt, das steht nur sehr nebelig in den Ballettsternen. Eher rauchen hier die Trümmer einer von ignoranten Politikern selbst verursachten Ballettmisere. Die freilich ist wirklich Weltklasse. Bravo, Berlin!!
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