Zum Frühstück gibt es im spanischen Themenhotel in Südkorea eine Orgelspielerin, die Bernsteins „Maria“ und „Oh my Darling Clementine“ ein wenig rachitisch ihrem Instrument im Speisesaal entfleuchen lässt. Anschließen werden wir vor den Panoramafenstern Zeugen einer ziemlich martialischen Flugschau auf der anderen Flussseite: Kampfjets steigen direkt hinter den Hochhausriegeln mit Höllenlärm auf. Und man erinnert sich: Nordkorea ist unangenehm nah.
Später dann ein typischer Reisetag. Warten, anstehen, busfahren, dösen in Abflughallen, Bussen und Flugzeugsitzen. Trotzdem anstrengend. Der koreanische Kurztrip, der unter Vermeidung von Seoul erst vor einem halben Jahr noch in das Tourterminkorsett des Deutschen Symphonie-Orchester Berlin eingezwängt wurde, ist schon wieder zu Ende. 75 Minuten Busfahrt zum Guslan Airport, der von Daegu hat keine Tokio-Verbindung. Drei Stunden Herumsitzen, höchstens die Garfield-Aufmachung der Kaffeepappbecher am Dunkin-Donuts-Stand in der Abflughalle sorgt für Erheiterung. Und ein iPhone-Video mit nackten Showköchen, die sich tanzend mit immer weniger Bratpfannen ihre Trüffel zuhalten.
Zwei Stunden ruhiger Flug nach Tokio, leckere Bento-Boxen bei Japan Airlines und eine Cola-Zero-Explosion über einer dann sehr nassen Passagierin plus Kreiseln, weil eine Landebahn gesperrt ist. Sonst keine besonderen Vorkommnisse. Einreiseformularkrieg, Wie ist die Flugnummer? Wie heißt das Hotel? In Japan herrscht gleich wieder unheimliche Höflichkeit und umständliche Effektivität. Viele sogar deutschsprachige Helferlein dirigieren den Musikerstrom routiniert zum Bus. Jedes Gepäckstück bekommt ein Etikett. Hier wird durchgezählt, die Busfahrer der wohlbekannt orangen Friendly Airport Limousines tragen Handschuhe. Und Tokios Narita Airport begrüßt einen gleich mit den nunmehr vorherrschenden brauen Kacheln an den Wänden. Der Sonnenuntergang ist mild, das wie stets staugebremste Tokio zeigt sich einmal mehr als trügerisch schönes Neonfeuerwerk.
Der deutsche Tourleiter der japanischen Konzertagentur, der in Paris stationiert ist, hat sich schon morgens in Guslan nach Peking verabschiedet. Er nimmt dort das Sydney Symphony Orchestra unter seinem Chef David Robertson mit dem Klaviersolisten Yundi in Empfang, auch Korea steht später auf deren Reiseplan. In Daegu spielt nach dem DSO die Slowakische Philharmonie unter dem bei uns wenig bekannten deutschen Dirigenten Heiko Mathias Förster samt koreanischer Geigensolistin. In Tokio waren eben die Wiener Philharmoniker unter Christoph Eschenbach, am heutigen Abend spielt Yo-Yo Ma Kammermusik, die Opern von Sofia, Prag und Warschau gaben sich in der Bunka Kaikan die Klinke in die Hand; parallel zum DSO musiziert die Tschechische Philharmonie unter Jirí Belolávek in den Tokioer Hallen. Das Klassikgeschäft in Asien brummt offenbar wieder verhalten.
Abends nach einem frugalen Sushi-Essen noch einen lustigen Youtube-Clip auf dem DSO-Blog über früherer Konzertreisen belächelt: die seltsame Freizeitkleidung, die Willkommenszeremonien mit Riesenschildern und Blumenketten, der junge, schon sehr selbstgefällige Lorin Maazel. Früher waren das diplomatische Missionen, heute sind Konzerte in fernen Ländern fast schon Teil des Orchesteralltags. Das Einzige, was sich nicht verändert hat: die Instrumentekisten.
Morgen mehr!
Der Beitrag DSO in Fernost: Asientournee IV erschien zuerst auf Brugs Klassiker.