Endlich: Adolphe Binder, ehemalige Chefin der Göteborger Danskompani und seit Mai 2017 Intendantin und Künstlerische Leiterin des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch stellte das Programm der Spielzeit 2017/18 vor. Ers ist die 44. Saison der legendären Truppe, und noch immer ist weltweit die Nachfrage nach Stücken der 2009 gestorbenen Prinzipalin ungebrochen. Nach acht Jahren soll es aber jetzt endlich den lang erwarteten Aufbruch mit neuen Stücken geben, nachdem ein erster Versuch vor zwei Jahren zwar wichtig für die Moral der gegenwärtig nur reproduzierenden Truppe war, aber künstlerisch nicht wirklich überzeugte.
In der Geschichte des international besetzten Ensembles beginnt nun also eine Neuausrichtung, bei der das umfassende Oeuvre Pina Bauschs mit neuen zeitgenössischen Kreationen, Formaten und Prozessen bereichert wird. Eine große Neueinstudierung in neuer Besetzung und diverse Wiederaufnahmen aus unterschiedlichen Schaffensphasen Pina Bauschs bilden den Kern der Spielzeit. Das Tanztheater zeigt zehn Produktionen, davon erstmalig in seiner Geschichte zwei abendfüllende Uraufführungen internationaler Gastchoreographen: Dimitris Papaioannou und Alan Lucien Øye, die vor allem mit transdisziplinären Handschriften antreten.
Dreißig Vorstellungen im Opernhaus sowie partizipative Projekte werden in Wuppertal gezeigt. Eine Entwicklung, die bereits jetzt auf die programmatische Gestaltung des geplanten Pina Bausch Zentrums an der alten Spielstätte Schauspielhaus ausgerichtet ist. Hinzu kommen eine Vielzahl Aufführungen von sechs unterschiedlichen Produktionen im Rahmen von Auslandsgastspielen auf drei Kontinenten. Fünf junge Tänzer und Tänzerinnen aus vier Ländern werden sich dem Ensemble ebenso anschließen wie bekannte und neue Gäste.
Adolphe Binders Idee für die Zukunft klingt einleuchtend: „Pina Bauschs Werk steht für Neugierde und Mut zur Expedition und Entgrenzung. Es ist mir Inspiration und Ansporn auch in Zukunft fremde Wege zu beschreiten, neue Resonanzräume zu schaffen und künstlerische Wagnisse einzugehen. Den wertvollen Schatz stark und dynamisch zu halten und gleichzeitig mit spannenden Künstlern und Künstlerinnen Neues zu erfinden, diese große Herausforderung ist für mich Ehre und Verpflichtung zugleich.“
Das neue Stück von Dimitris Papaioannou kommt am 12. Mai 2018 im Wuppertaler Opernhaus heraus und geht dann gleich zu den wichtigsten Kooperationspartnern an Pariser Théâtre de la Ville und das Sadler’s Wells in London. Alan Lucien Øyens Uraufführung folgt relativ rasch danach, am 2. Juni 2018, ebenfalls im Opernhaus Wuppertal. Bauschs „Die sieben Todsünden“ zuletzt 2009 gezeigt, wird neueinstudiert. Gastspiele gehen u.a. nach New York, Ottawa, Antwerpen, Taipeh, Taichung und Paris.
Dimitris Papaioannou wurde 1964 in Athen geboren. Von Haus aus bildender Künstler, feierte er seine ersten Erfolge als Maler und Comiczeichner, bevor er sich mehr und mehr der darstellenden Kunst widmete und als Regisseur, Choreograf und Performer sowie als Bühnenbildner, Kostüm- und Lichtdesigner arbeitete. 1986 gründete er das Edafos Dance Theatre, mit dem er erstmals seine innovativen Bühneninszenierungen verwirklichen konnte, die Physical Theatre, experimentellen Tanz und Performancekunst verbinden. Internationale Bekanntheit erlangte Papaioannou, als er die Eröffnungs- und Schlussfeier der Olympischen Sommerspiele in Athen 2004 inszenierte. Er arbeitet erstmals für eine fremde Kompanie.
Alan Lucien Øyen zählt zu den interessantesten zeitgenössischen Künstlern Norwegens. Seine Arbeit als Dramatiker, Regisseur und Choreograf fand in seiner Heimat wie auch international großen Zuspruch. Mit siebzehn Jahren wandte er sich an den bulgarischen Ballettmeister und Absolventen der Vaganova Akademie Peter Tornev, der ihn vier Jahre lang unterrichtete, bevor er an der Staatlichen Kunsthochschule in Oslo angenommen wurde, wo er 2001 seine Tanzausbildung abschloss. Die ersten Jahre als Tänzer verbrachte er bei der Norwegian National Company of Contemporary Dance, Carte Blanche, wo er die amerikanische Choreografin Amanda Miller kennenlernte. 2005 schloss er sich ihrer Tanzkompanie Pretty Ugly in Köln an. 2004 choreografierte Alan Lucien Øyen sein erstes Stück. 2006 gründete er seine eigene Tanzkompanie Winter Guests, ein interdisziplinäres Gastspielensemble aus Schauspielern, Tänzern, Dramatikern, Bühnenbildnern und Technikern, das mit Stücken in englischer Sprache rund um den Globus reist.
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