Man merkt es langsam, die jüngste Asien-Tournee des Deutschen Symphonie-Orchesters geht geruhsam und professionell ihrem Ende entgegen. Wir sind wieder von der inzwischen regnerischen Insel Kyūshū für ein letztes Konzert nach Tokio zurückgeflogen, das Wetter hat sich verschlechtert, die Temperaturen sind gesunken. Nach dem herrlichen japanischen Herbst und der in Miyazaki nur kurz genossenen künstlichen Megahotelwelt mit Golfplätzen, Bankett-Hochhaus und imitiertem Meeresstrand (in der Halle direkt hinter dem echten) wird so die baldige Rückkehr ins längst novemberliche Berlin sicher leichter fallen. Schließlich ist nach der Tournee vor dem Konzert, deshalb standen immer backstage bereits eine von insgesamt 65 Transportkisten mit dem Notenmaterial etwa für Respighis „Pini di Roma“ und Schostakowitschs 1. Sinfonie bereit. Die DSO-Blechbläser sind als Quintett dann am 8. im Heimhafen Neukölln nicht zu überhören, das Orchester tritt komplett wieder am 14. November in der Philharmonie an.
Besondere Vorkommnisse – jenseits begeisterten Applauses und wirklich guter Konzerte – sind nicht zu vermelden. Der Einsatz von Dotoressa Liccini beschränke sich auf Husten und kurzzeitiges Unwohlsein, der Frachtflug mit den Instrumenten nach Japan war um unwesentliche zwei Stunden verspätet, in Korea gab es einmal nur drei statt vier Busse; worauf etwas Gepäck auf einen weiteren warten musste. Aber leider keinerlei Skandal, wie etwa beim fast gleichzeitig tourenden Sydney Symphony Orchestra, wo in Seoul der Solist Yundi ausrastete und nach einer schlechten, wohl rhythmisch aus dem Ruder laufenden Interpretation des 1. Chopin-Klavierkonzerts, bei welcher der Dirigent David Robertson stoppen und neu ansetzen musste, das Orchester dafür verantwortlich machte. Erboste Fans wollen jetzt ihr Geld zurück, im klassikverrückten Korea brach ein Medien-Shitstorm los.
Der Rest des Reisetages war frei, und damit noch einmal der Sturm auf die Einkaufsparadiese Shiubuya und Ometesandō eröffnet. Das Polyphonia Ensemble des DSO trat freilich noch einmal mit fünf Musikern zum Dienst am Vaterland an. Und der war diesmal wirklich ein solcher. Und ein bitterer. Denn auch in diesem Jahr stehen an dem Wochenende vor dem japanischen Feiertag der Kultur bunka no hi Kultur und Kulinarik, vor allem aber Bier und Wurst beim Deutschlandfest im Aoyama-Park in der Nähe der Botschaft fünf Tage lang im Mittelpunkt – so lautete das Versprechen. Die Realität war freilich ein schlammiger, wegen der klammen Kälte nur wenig besuchter Mini-Festplatz neben einem Friedhof mit teuren Bierbuden und Würstelständen. „Deutsche Kultur“ beschränkte sich da auf tägliche „beer mug lift up Championships“ und aufdringliches Product Placement von der Staubsaugerfirma, über Reumamittel bis zur Wasserfiltermarke.
Da hat selbst das unsägliche Hoffest des Regierenden Bürgermeisters von Berlin mehr Niveau. Billigste teutonische Klischees wurden repetiert, von der Botschaft selbst war keiner zu sehen. Erst bedrönte auf der Bühne eine männliche Pop-Geisha mit rotem Haar als Ein-Mann-Band namens Adapter ein paar mitkreischende, fähnchenschwenkenden Jugendliche. Dann gab es Andreas Gabalier, den Wendler, D.J. Ötzi und F.T.S. mit „Fürstenfeld“ vom Band, schließlich musste das DSO-Quintett mit Flöte und Oboe raus und fies verstärkt Kammermusik von Mozart, Johann Christian Bach und Pleyel spielen. Das taten die Musiker professionell, und die Japaner erwiesen sich einmal mehr als höfliches Volk: Man hörte beinah aufmerksam zu, obwohl solche Musik hier nicht interessierte, weitere Stimmungslieder oder wenigstens Walzer passender gewesen wären. Nur gewollt ist eben nicht gekonnt. Zum Glück ist mit dem zweiten Suntory-Hall-Konzert neuerlich vertrautes DSO-Terrain in Aussicht.
Morgen letztmalig mehr!
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