Quantcast
Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 826

Rossini Festival Pesaro: Le Siège de Corinthe

$
0
0

Es ist ein Kreuz mit dem Regietheater in Italien. Entweder ist es nicht vorhanden, oder es schüttet alles mit dem Konzeptbad aus. Auch das ROF versucht es alles Jubeljahre mal wieder. Doch selten gelingt dabei etwas wie die Einfühung von Damiano Michieletto (und seiner abstrakten „La Gazza ladra“) auf dem internationalen Opernparkett oder die wiederholte Eignung von Davide Livermore als Maître de Plaîsir für kreischig bunte Farcen und Opere buffe. Und so war auch bei der 38. Ausgabe die einzige Neuinszenierung, Rossinis erste französiche Opéra, „Le Siège de Corinthe“, also die Neufassung von „Maometto II“, ein  fieser Griff ins Regieklo. Die überall gebuchte, längst schön öde gewordene La Fura dels Baus-Truppe ist nun mit ihrer Carlus-Padrissa-Sektion endlich in Pesaro angekommen. Wir hätten darauf verzichten können. Und hatte im Gepäck Hunderte von runden Kanistern aus Plastik, wie sie in Bürowasserspender eingesetzt werden; dazu die vermutlich hässlichsten Kostüme seit mindesten zehn Jahren: schlappe Strampelanzüge aus schillerndem Polyestersamt mit Mustern als hätten die Desigual-Designer völlig durchgedreht. Das alles drängelt sich auf einem schmalen, schiefen Bühnenstreifen, der schrundigen Lehmboden vorstellen soll. Der sowieso schon grottig atmosphärelosen Adriatic Arena kann freilich auch das nicht schaden. Man kann, man muss die Augen zumachen, obwohl lauter fesche, allerdings verunstaltete Sänger da oben personenregieverlassen harren. Dafür überzeugt wenigstens die Musik. Herrlich elegisch stömt diese todessehnsüchtig im letzten Kampf der Korinther gegen die Türken dahin, obwohl der alt gewordene Roberto Abbado am Pult des ansprechenden, erstmals hier auftretenden Orchestra Sinfonica Nationale della RAI aus Turin über eine pauschale Kontrastklangdramaturgie nicht hinauskommt. Luca Pisaroni gibt sein –Pesaro-Debüt als koloraturgewandter Titelfeldherr, der geschickt die ganz hohen Töne umgeht. Die besitzt die Tenor-Entdeckung Sergey Romanovsky (Neoclès), der freilich alles singt, kein lupenreiner Rossini-Stilist ist, aber mit einer schönen, klar strömenden Mittellage prunkt. John Irvin muss als Vater Cléomène dauernd zittern, tut das aber mit ruhig geführtem Vokalwerkzeug. Nino Machaidze als selbstmordwillige Pamyra wandelt ihren schartigen Sopran in ein folgsames Ausdrucksinstrument um. Und Carlo Cigni orgelt schön seine Verdammungsgebet am Ende. Natürlich ist aus dem Zuschauerraum, denn das ist diese Saison offenbar die große Pesaro-Mode. Bald mehr in Oper! Das Magazin.

Der Beitrag Rossini Festival Pesaro: Le Siège de Corinthe erschien zuerst auf Brugs Klassiker.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 826