Überraschend ist das nicht. Obwohl sie eigentlich nach 27 Dienstjahren beim Bayerischen Staatsballett unkündbar gewesen wäre, hat Bettina Wagner-Bergelt ihr Dienstverhältnis auflösen lassen. Die ehemals stellvertretende Direktorin war letzte Spielzeit wieder zur Dramaturgin degradiert worden, denn der in der autoritären Sowjetunion großgewordene neue Direktor Igor Zelensky duldete niemand auf Augenhöhe. Außerdem hat er auch nicht sonderlich viel Lust auf Moderne. Das Staatsballett ist so ästhetisch wieder zu einem Wurmfortsatz der Oper zurückgeschrumpft, man bietet leichtverkäufliche Klassiker. An eine möglichst breiten Entwicklung seiner Tänzer hat Zelensky kein Interesse, sie sind offenbar wieder zu Hupfdohlen degradiert. In der aktuellen Spielzeit werden elf zum Teil seit Jahrzehnten hier gespielte Abendfüller von zwei Premieren ergänzt: Christian Spucks choreografisch fade „Anna Karenina“ aus dem nahen Zürich und ein Dreiteiler (mit einer Uraufführung) von Wayne McGregor, einem der wenigen Tanzschöpfer der Gegenwart, die Ivan Liskas Kreativteam Wagner-Bergelt und Wolfgang Oberender (der sich bevorzugt um die zum Teil richtungsweisende Rekonstruktion von Klassikern kümmerte) noch nicht nach München gebracht hatte. Sonst war das hier über fast drei Jahrzehnte unter Konstanze Vernon und Liska aufgebaute Repertoire richtungsweisend, weil es klug kuratiert das Publikum ästhetisch schulte und mit der Ballettgeschichte bis in ihre zartesten Verästelungen pädagogisch beflügelnd bekannt machte, ohne das Heute mit Uraufführungen zu vernachlässigen. Das hat den Steuerzahler nicht wenig Geld gekostet, welches jetzt auf dem Altar von Zelensky nicht eben kleinem Ego geopfert wird. Das wertvolle Repertoire geht verloren, und Dramaturgie wird hier künftig nicht mehr stattfinden, sie ist auch nicht gewollt. Man sucht, auch in den Beiprogrammen, den geringsten Widerstand, igelt sich wieder in einem ästhetischen Elfenbeinturm ein. Auf lange Sicht ist das von Schaden für das Ballett in München, dem wieder jeder Intellekt abgesprochen werden wird. Bettina Wagner-Bergelt kann es egal sein: Sie zieht es wieder in die freie Wildbahn, ab sofort ist sie Künstlerische Leiterin des Eröffnungsfestivals BAUHAUS100, das 2019 in Berlin stattfinden wird. Und sicher auch mit Tanz….
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