Der König tanzt. Ludwig XIV. tanzte freilich nicht nur im Ballsaal, sondern auch auf der Bühne. Als beweglicher Ballerino-Kindkönig trat er 15-jährig im Louvre im „Ballet Royal de la Nuit“ als Sonne auf. Dieses Symbol von 1653 bliebt förmlich an ihm kleben, er wurde der Sonnenkönig, le roi soleil. Dieses „Ballet Royal de la Nuit“, nur siebenmal gegeben, war ein fast alle Sinne beschäftigendes Gemeinschaftswerk der darstellenden Künste, komponiert aus Rezitation, Gesang, Tanz, Musik, Ausstattung. Überlegen zusammengestellt und dramaturgisch gestaltet, eingeteilt in vier Partien oder „Wachen“, in denen das allegorische, konsequent den Souverän verherrlichende Geschehen abrollte und erblühte – bis hin zum finalen Sonnenaufgang, der die Morgenröte dieses Königs für die Nation bedeuten sollte. Ein Spektakel der barocken Art. Damals von sechs Komponisten bewältigt.
Obwohl dieses Werk schnell in seiner überragenden historischen Bedeutung eingeordnet wurde, hat man es nie wieder gespielt; es geriert in Vergessenheit. Bis es vor zwei Jahren – extra zum 300. Todestages des Königs – der Musikologe und Dirigent Sebastien Daucé rekonstruiert und neu komponiert hat. Als schönes, repräsentatives, einem Ludwig XIV. würdiges CD-Buch kam das Werk als Doppelalbum bei harmonia mundi heraus. Und jetzt war es in der 120 Jahre jüngeren Opéra de Versailles auch wieder szenisch zu erleben. Minimalistisch, doch kostbar, mit Akrobaten, Tänzern, Sängern. Und einem Schwarzen als Sonnenkönig, der die Finsternis vertreibt. Ein köstliches Gesamtkunstwerk, vier Stunden lang, als schönste Propaganda-Pantomine. Sehr besonders. In Kürze mehr in Oper! – das Magazin.
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