Sie hat durchaus einen Faible für die schwelgerische, manchmal auch schwülstig-üppige Musik des späten 19. Jahrhundert. Und sie liebt deren virtuose Herausforderungen. Gerade deshalb aber müht sich die in Deutschland lebende chinesische Geigerin Tianwa Yang, deren Ruf leider immer noch nicht so strahlend ist wie makelloses Können, um Stringenz, Klarheit und fein gezeichnete Linien. So hat sie auch den Konzerten des einstigen Wunderkindes Pablo de Sarasate wieder zu einer ernsthaften Reputation verholfen. Und so ernsthaft und gleichzeitig spielerisch leicht geht sie auf ihrer neuen CD auch fünf rattenfängerisch schöne Geigenwerke von Camille Saint-Saëns jenseits seiner Violinkonzerte an. Wobei eines sogar eines der wenigen konzertanten Stücke für die Besetzung Geige und Cello ist: Farbensatt, aber beweglich begleitet vom Malmö Symphony Orchestra unter einem filigran taktierenden Marc Soustrot dialogisiert sie in La Muse et le Poète mit dem hoffnungsvollen Solisten Gabriel Schwabe. Solistisch lässt sich Tianwa Yang hingegen in den spontan und beredt, gerade deshalb wie neu klingenden Geigensolo-Hits Introduction et Rondo capriccioso sowie der Havanaise vernehmen. Außerdem widmet sie sich drei weniger bekannten Saitensolowerken dieses Komponisten – den Romances C-Dur und Des-Dur, dem Caprice andalou sowie dem Morceau de concert. Das alles ist hinreißend süffige Salonmusik, ohne jeden Hautgout der Zweitklassigkeit, von betörendem Hörreiz.
Camille Saint-Saëns: Werke für Violine und Orchester. Tianwa Yang, Gabriel Schwalbe, Malmö Symphony Orchestra, Marc Soustrot (Naxos)
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