Weihnachtszeit ist komischerweise immer auch Bach-Zeit – selbst ganz ohne Weihnachtsoratorium (auf welches später zurückzukommen sein wird…) Und das spiegelt sich natürlich auch auf dem CD-Markt wider. Da sind augenblicklich die tiefer singenden Herren aktiv. Sowohl Michael Volle, als auch Matthias Goerne haben viel und früh mit Helmuth Rilling Bach interpretiert. Und das haben sie so fein wie innig vollführt. Deshalb muss auch jetzt von ihren parallel vorgelegten, aktuellen Johann-Sebastian-CDs, auf den beide Solokantaten wie „Ich hatte viel Bekümmernis“ oder „Ich will den Kreuzstab gerne tragen, eher abgeraten werden. Denn diesen schultern sie nämlich mit allzu viel Vibrato und fromm-ergriffenem Waber. Darüber sind sie also schon hinaus. Noch frischer im Saft steht hingegen der eher heller orientierte Bariton Georg Nigl. Der hat zusammen mit der glockig sopranstrahlenden Anna Lucia Richter sowie der Geigerin Petra Müllejahns und dem Cellisten Roel Dieltiens ein Scheibe vorgelegt, für das der ebenfalls aktiv instrumental beteiligte Hammerklavierspieler Andreas Staier das Konzept entwickelt hat: „Bach privat“. Da wird jetzt zwar nicht durch die Schlüssellochperspektive in den allweil hektisch-chaotischen, vor allem kinderreichen und arbeitsüberlasteten Leipziger Kantorenhaushalt geblickt. Aber es wird doch versucht, mithilfe von hausmusikalischen Aufzeichnungen, vor allem dem unterschätzen, dabei unschätzbaren „Clavier-Büchlein“, das der 40-jährige Bach seiner zweiten Frau Anna Magdalena Bach zusammengestellt hatte oder dem Schemelli-Gesangsbuch ein damaliges geselliges Musikzierbeisammensein mit Solostücken, Kantatenarien, Instrumentalnummern zu rekonstruieren. Um so dem allzu leicht fernt gerückten Thomaskantor – als der hier Staier von den Tasten aus fungiert – einmal aus der Nähe über die Schulter blicken zu können. Das reicht von einfach bis komplex, extrovertiert bis intim. Vor allem war es wohl ein lustvolles Singen und Spielen, wovon diese unterhaltsam und abwechslungsreich zusammengestellten, für den Anlass in der Wohnstube reduzierten Stücke beredt Zeugnis ablegen. Bach ohne Podest und Heiligenschein, selbst geistige Musik klingt hier im irdischen Gewand. Dabei wird vorzüglich und doch locker interpretiert. Man wähnt sich fast selbst auf einem Fest bei Freunden.
Bach privat. Georg Nigl, Anna Lucia Richter, Petra Müllejahns, Roel Dieltiens, Andreas Staier (alpha classics)
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