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Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
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Brugs Beste: Nummer 11 – Sébastien Daucé lässt auch die Unterwelt harmonisch tönen

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Frankreich mit seinem Sonderweg der Barockoper hinke in der Aufarbeitung seines historischen Repertoires immer ein wenig hinterher. Diese Zeiten sind vorbei, eine erste, zweite und dritte Generation von Dirigenten und Orchesters hat da Vorbildliches für die Zeit des Grand Siècle geleistet. Und so sind eigentlich so gut wie alle Werke Lullys oder Rameaus auf den Bühnen und im Aufnahmestudio ausprobiert worden. Doch daneben, es war ja zumeist höfische Unterhaltung gab es natürlich noch diverse repräsentativen Kleinformen oder das pure Divertissement im intimeren Salon. Diesen Vorbildern eiferten auch die Adeligen in ihrer Pariser Palais nach. Und einer, der lange schon in diesen Zwischenwelten- und -modellen forscht, sei es vor der Ausformung einer tragédie lyrique oder währenddessen, das ist der Musikologe und Dirigent Sébastien Daucé mit seinem Ensemble Correspondences. Jüngst hat er von Marc-Antoine Charpentier die Kurzoper „La Descente d’Orphée aux Enfers“ vorgelegt. Diesen kaum einstündigen Zweiakter, der für Orpheus pessimistisch nach dem zweiten Entschwinden seiner Gattin Eurydice in der Unterwelt mit einem Furientanz endet, hat bereits Altmeister William Christie aufgenommen, der ja seine Les Arts florissantes auch nach einer weiteren Charpentier-Kurzoper benannt hat. Doch Daucé betont noch stärker kontrastiv die herrlich sprechende Orchestrierung dieses für Carpentiers Gönnerin, die Mademoiselle de Guise 1687 geschaffenen Stückes. Sehr genau unterscheidet er die Stimmungen zwischen Unten und Oben, sein Dialog mit Pluto (Nicolas Brooymans) hat grotesken Witz, auch die diversen Kleingeister, Nymphen und Schäfer artikulieren sich reich. Souverän sind die Vokalinterpreten, allen voran der Haute-contre Orpheus Robert Getchell, in ihrer typisch französischen Wechsel von Parlando und ariosen Passagen. Und das Orchester tönt betörend – selbst im anders als später bei Gluck) dissonanzenfreien Totenreich, aus des diesmal kein Entrinnen gibt. Dafür aber wird seine Lauten von gleich drei Gamben imitiert!

Marc-Antoine Charpentier: La Descente d’Orphée aux Enfers. Ensemble Correspondeces, Sébastien Daucé (harmonia mundi)

 

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