Eines muss man den Berliner Philharmonikern lassen: Wenn sie etwas in die Hand nehmen, dann richtig. Und so haben Sie für ihre eigen Tonträger-Edition weder Kosten und Mühen gescheut. Und unlängst John Adams, einer der wichtigsten musikalischen Stimmen Amerikas einen ihrer voluminös-verschwenderischen Boxen gewidmet. Gleichzeit dokumentieren diese sieben, auch schon anderweitig verfügbaren Werke die gemeinsam Klangreise, die man unternommen hat, als John Adams während der Spielzeit 2016/17 die Berliner Philharmoniker als erster Composer in Residence begleitet hat. Zu erleben waren spannende Konzerte mit selbst hier schon gespielten Stücken, aber auch mit selten zu hörenden Raritäten auf allerhöchstem künstlerischen Niveau. Treibend Kraft dahinter war natürlich der scheidende Chef Simon Rattle, den mit dem dieses Jahr zudem 70 Jahre alt gewordenen Kalifornier eine lange nicht nur auf stilistischer Nähe basierende Freundschaft verbindet. Aber auch der neue Chefdirigent Kirill Petrenko ließ es sich nicht nehmen, zu diesem Audio-Unternehmen seinen Beitrag zu leisten. Im Zuge dieser Partnerschaft war John Adams übrigens in der Berliner Philharmonie nicht nur als Komponist zu erleben, sondern auch als Dirigent. Bei seinem Debüt am Pult des Orchesters stand mit der flirrend-sensualistischen Harmonielehre ein Adams-Klassiker auf dem Programm, gefolgt der neuen, instrumental opulenten „dramatische Symphonie“ Scheherazade.2: einer klangvollen Gratwanderung zwischen minimalistischer Romantik und süffiger Moderne, hier zu hören mit der Geigerin Leila Josefowicz als Solistin. Simon Rattle, dirigiert das abendfüllende, vor allem in Peter Sellars’ Visualisierung nicht immer den Kitsch vermeidende Passions-Oratorium „The Gospel According to the Other Mary“, das sich energetisch, freudig und lebenshungrig der facettenreichen biblischen Gestalt der Maria Magdalena widmet. Noch weitere Dirigenten sind in dieser Edition zu erleben: Gustavo Dudamel mit dem atmosphärischen Nachtbild City Noir, Alan Gilbert mit den berühmten, vermutlich meistgespielten Adams-Miniaturen Short Ride in a Fast Machine und Lollapalooza. Kirill Petrenko übrigens widmete sich (in seinem ersten Konzert seit der Ernennung) mit dem Bariton Georg Nigl dem etwas redundant Charles Ives nacheifernden Sezessionskrieg-Klagegesang The Wound-Dresser. Wie stets sieht der philharmonische Standard vor, dass diese edle Rechteck-Box, die die Live-Konzertmitschnitte als CD wie Bluray-Video enthält äußert gediegen designt ist. Man greift gern zu dem Handschmeichler, in dem die sechs Silberscheiben fächerartig aufgereiht sind, blättert im umfangreichen Begleitheft und bekommt zudem als Bonus zwei John-Adams-Interview mit Hornistinnen-Host Sarah Willis und dem hier unvermeidlichen Regisseur Peter Sellars sowie einen 45-minütigen Dokumentarfilm, der Adams während seiner Berliner Zeit begleitet. Besonderer Gimmick: das feine Kistchen wurde von dem zwischen Berlin und London pendelnden Fotokünstler Wolfgang Tillmans mit eigens erstellten Werken ausgestattet und gestaltet. Also ein wirklich passendes Latest-Minute-Geschenk für den fortgeschrittenen, das Besondere suchenden Musikliebhaber.
Berliner Philharmoniker: John Adams Box (Berliner Philharmoniker)
Der Beitrag Brugs Beste: Nummer 22 – die Berliner Philharmoniker packen John Adams in eine edle Kiste erschien zuerst auf Brugs Klassiker.