Laut der Jury des Ernst von Siemens-Musikpreises führt der eben ausgezeichnete Beat Furrer mit jedem neuen Werk „musikalische Ideen weiter und betritt unbekanntes Terrain“. Das Oeuvre des 63-jährigen Komponisten sei „von geradezu suggestiver Kraft“. Er sei ein Künstler „von höchster Integrität“, zeichne sich durch „bezwingende Kraft und große Stringenz“ aus. Und der Leerformeln weiter mehr. Das sind dann so die Euphemismen für: „kaum einer hört dieser Musik“ – jenseits einer Inner-Crowd mit strengem Donaueschingen-Geschmack, vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Zum besseren Verständnis: Beat Furrer wurde 1954 in Schaffhausen geboren. Seit 1975 studierte er in Wien Dirigieren bei Otmar Suitner sowie Komposition bei Roman Haubenstock-Ramati. Im Jahr 1985 gründete er das Klangforum Wien, das er bis 1992 leitete und dem er seitdem als Dirigent verbunden ist. Er erhielt 2004 den Musikpreis der Stadt Wien und wurde bei der Biennale Venedig 2006 mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Seine meist nicht so genannten bisher sieben Opern wurden bei den Wiener Festwochen, in Zürich oder Hamburg uraufgeführt, eine neue ist für 2019 an der Berliner Lindenoper in Planung. Aber eine wirkliche Nachhaltigkeit erreichten sie nie. Der Preis der Ernst von Siemens Musikstiftung ist mit 250.000 Euro dotiert und wird am 3. Mai als ebenfalls sehr geschlossener Neue-Musik-Branchen-Event im Münchner Prinzregententheater verliehen. Und da wird dann wieder das Mantra vom Nobelpreis der Musik wiederholt, was einfach nicht stimmt. Andere Musikpreise sind weit höher dotiert und haben auch mehr Außenwirkung. Von den hier seit 1974 ausgezeichneten 22 Komponisten (wobei Leonard Bernstein eher als Dirigent gekürt wurde) sind im Konzertsaal Benjamin Britten, Olivier Messiaen, Witold Lutosławski, Hans Werner Henze und der 2005 ausgezeichnete Henri Dutilleux wenigstens ein bisschen kanonisch geworden, die weit häufiger gespielten amerikanischen Minimalisten Steve Reich, Philip Glass oder John Adams haben hier offenbar überhaupt keine Chance. Dafür Kleinmeister wie Klaus Huber oder Friedrich Cerha. Man schaue sich bloß mal die Aufführungszahlen all dieser Preisträger an! Das ist kein Vorwurf gegen den durchaus ehrenwerten, interessanten, auch faszinierenden Beat Furrer, der im übrigen auch selbst lange im Siemens-Stiftungsrat saß. Aber kann sich diese Jury nicht mal, wenn schon nicht für eine Frau, dann wenigstens für mehr Breitenwirkung entschließen? Oder wollen alle weiter gemütlich im Siemens-Elfenbeinturm schmoren?
Der Beitrag Es bleibt im Ghetto: Beat Furrer erhält Siemens Musikpreis erschien zuerst auf Brugs Klassiker.