Selbst in seinem letzten, 1930 in Brünn uraufgeführten Dostojewski-Musiktheater „Aus einem Totenhaus“, im kalten Gulag mit seinen nicht sonderlich sympathisch aus der Masse heraustretenden Insassen, zeugt Leos Janáceks faszinierend ruhelose Partitur von der Musik-Sprache als Sprachmusik. Am Royal Opera House Covent Garden dirigiert sich Mark Wigglesworth mit nach Lautstärke verlangender Hand durch die kunstvoll ausgestellte Ödnis. Das ihm gewogene Orchester lässt es klanggischten – und doch sind stets formende Hände spürbar. Obwohl England eine maßgebliche Rolle in der Janácek-Renaissance der letzten Jahrzehnte spielte, war das „Totenhaus“ auf dieser Bühne noch nie zu sehen. Ebenfalls sein Operndebüt in Britannien gibt der polnische Starregisseur Krzysztof Warlikowski – mit seiner zeitgenössisch nüchternen, wenig emphatischen, artifiziell überhöhten Sichtweise. Mit Ausnahme der überflüssigen Videos als Einstieg in die drei Akte gelingt eine packende Umsetzung im rauen Stil zeitgenössischer Gefängnis-Fernsehserien.
Mit dem politischen Häftling Gorjančikov (düster: Willard White) ist die Regie gnädig: Er darf nach den atemlosen 90 Minuten gehen. Dazwischen gestreut, mit zwei Theaterszenen als frivol ausartende Freizeitbeschäftigung, sind die elliptisch erzählten Geschichten der Häftlinge. Für sie hat Małgorzata Szczęśniak einen schmuddeligen Raum gebaut, der Sporthalle und Schlafsaal zugleich ist und in den käfiggleich ein Büro geschoben wird. Štefan Margita ist der wundhaft lyrische Luka Kuzmič, der gellende Graham Clark der als Väterchen Russland zurechtgemachte alte Gefangene. Später berührt der massige Johan Reuter als Šiškov. In die Theaterszenen hinein verwebt Warlikowski die Schilderung von Skuratovs verpfuschtem Leben (scharf, auf den Punkt wohltönend: Ladislav Elgr).
Viele Details gehen in dichten Wimmelbildern unter, die absichtsvoll Hauptfiguren an den Rand drängen. Es dreht sich hier nicht um die Individuen, sondern um das Prinzip Gefängnis als solches, da macht Warlikowski überdeutlich. Bald mehr in Oper! Das Magazin
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