Es geht – wieder mal auf der Musikbühne – um Englands längst zur schwulen Ikone verklärten König Edward II., der aus Liebe zu seinem Favoriten Gaveston Weib, Kind und Land vernachlässigte und einen fiesen Tod fand. Nun also George Benjamin. Dem gelang 2012 von Aix-en-Provence aus ein Welterfolg mit seiner mysteriösen Oper „Written on Skin“ Klar, dass der Druck gewaltig war als sich jetzt, unter perfekter Leitung des Komponisten, am Royal Opera House Covent Garden dasselbe Team zusammenfand: Dramatiker Martin Crimp, Regisseurin Katie Mitchell sowie Sängerin Barbara Hannigan. Nach 85 Minuten Spieldauer war man auf hohem Niveau etwas enttäuscht. Das Opus ist feinsinnig gebaut, komponiert, inszeniert, gespielt und gesungen. Aber es gewinnt spät Fahrt, bleibt kühl, verliert sich im (zu) großen Raum.
„Lessons in Love and Violence“, schon der Titel führt strikt weg von Edward II: Es geht um Politik, die Macht der Krone. Der schwule Seitensprung ist nur der spektakuläre Ausgangspunkt. Der, der regiert, darf sich nicht von Gefühlen (ab-)leiten lassen. Edward (trotzig, auch schutzbedürftig: Stéphane Degout) lehnt sich auf und muss scheitern. Weil sein Günstling (geschmeidig, auch kantig: Gyula Orendt) allzu selbstsüchtig auftritt. Königin Isabel (Hannigan ist herrisch, auch konfus) landet mit Kanzler Mortimer im Bett. Der namenlose Sohn (Samuel Boden) hat seine Lektionen gelernt: Am Ende richtet er eine Pistole auf Mortimer.
Martin Crimp hat das spannend entwickelt. Katie Mitchell hat es nüchtern ausgestellt in einem modernen Einheitsraum. George Benjamin gelingen in ambivalenter Intimität anrührende Momente, wenn sich die beiden Baritonstimmen verschlingen. Doch irgendwie hebt diese selten über dienendes Parlando in den Vokallinien hinausweisende Musik nicht ab, die Vorgänge auf der sofort einsichtigen Bühne rühren nicht. Mehr in Kürze bei Oper! Das Magazin
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