Da liegt wer flach, wir befinden uns in einem für diese Opernfestspiele charaktervollen Raum in der Nähe der Spielstätte und die Bediensteten stehen starr. Nein, das ist keine Wiederaufnahme von Stefan Herheims bekanntester Inszenierung, dem Bayreuther „Parsifal“. Aber ist eine arg ähnliche Neuinszenierung von Debussys „Pelléas et Mélisande“, die ein wenig die Geister des Glyndebourne Festivals heraufbeschwört. Schloss Allemonde wird dabei in den Orgelsaal der Gründerfamilie Christie verwandelt. Kein sehr origineller Herheim-Anfang. Und was folgt, ist ist auch nicht viel besser. Gut, die Christies sind eine Uperclass-Familie, die in Allemonde auch. Debussy bewegte sich zeitlich noch im Dunstkreis der präraphaelitischen Malerbruderschaft. Pelléas sieht deshalb wohl vage aus wie Dante Gabriel Rossetti. Mélisande könnte eines seiner Modelle und Frauen sein.
Könnte. Diesmal belässt Stefan Herheim alles im Konjunktiv, deutet an, erklärt nichts und beschränkt sich auf hermeneutische Gemeinplätze. Es geht chronologisch rückwärts; ebenfalls oft gesehen. Natürlich ist das Herheim-typisch genau gearbeitet und auf den Punkt musikalisch inszeniert. Warum aber malt der ständig anwesende Goloud-Sohn Yniold (frisch leuchtend: Chloé Briot) dauernd Kreisel aufs Papier? Warum strahlt die Orgel golden? Warum gibt es blutende Augen? Und warum, um alles in der Regietheaterwelt, malen die Protagonisten Luftkringel vor leeren Staffeleien?
Man versteht auch nicht, warum sich Stefan Herheim mit Philipp Fürhofer einen bildenden Künstler als Ausstatter holt und diesen dann nur akribisch kopieren lässt. Und weil das so ist, gibt man das Mitdenken auf. Stattdessen kann man sich den breit, aber schlank fließenden Klängen hingeben, die der Glyndebourne- Musikchef Robin Ticciati dem sehr genau aufspielenden London Philharmonic Orchestra entlockt.
Unter den Sängern gefallen Karen Cargill als matronenhafte Geneviève und die sopranhelle Christina Gansch. Diese Mélisande weiß, was sie will. Schlecht ist das Französisch des einfarbigen John Chest (Pelléas), empfindlich ungenügend gar das des immer trockener als Golaud schnarrenden Christopher Purves. Mehr bald in Oper! Das Magazin.
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