Das muss man mit diesem Zungenbrecher-Namen erst mal schaffen: Das City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) hat die litauische Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla als neuen Music Director ernannt. Die 1986 Geborene tritt die Nachfolge von Andris Nelsons an, der das Orchester von 2008 bis 2015 leitete. Vor ihm amtierten dort von 1998 bis 2008 Sakari Oramu und natürlich Simon Rattle, der den Provinzklangkörper ab 1980 erst einmal auf die Weltorchesterkarte brachte. Mirga Gražinytė-Tyla übernimmt den Posten im September 2016. Ihr Vertrag läuft zunächst über drei Jahre.
Schon bei ihrem Debüt mit dem CBSO im Juli 2015 habe die junge Dirigentin solchen Eindruck hinterlassen, dass sie im letzten Monat erneut ein speziell arrangiertes Konzert leitete. Sie könne es kaum erwarten, loszulegen, sagte Gražinytė-Tyla: „Ich bin überzeugt, dass wir ein großartiges Team sein werden und freue mich darauf, gemeinsam Musik zu machen.“ Ähnlich enthusiastisch hatte man sich auch bei der Berufung von Nelsons geäußert, die ebenfalls noch nur einem Probendirigat erfolgte und schöne Früchte zeigte. In Birmingham setzt man also weiter auf junge und vielversprechende Talente. Und es scheint so, als ob man auch diesmal wieder fündig geworden wäre.
Gražinytė-Tyla ist das Kind einer Musikerfamilie aus Vilnius. Sie studierte zunächst Chor- und Orchesterdirigieren in Graz, später in Bologna, Leipzig und Zürich. Als Stipendiatin des Dirigentenforums des Deutschen Musikrates gab sie 2010 ihr Operndebüt mit „La Traviata“ in Osnabrück. Zur Spielzeit 2013/14 wurde sie Erste Kapellmeisterin am Theater Bern und zwei Jahre später Musikdirektorin des Salzburger Landestheaters. Zudem hat sie Einladungen zahlreicher Orchester angenommen, darunter vom Radio-Sinfonieorchester Wien und der Dresdner Staatskapelle, und Opern in Bern, Heidelberg, Salzburg sowie an der Komischen Oper Berlin dirigiert.
International machte Mirga Gražinytė-Tyla bereits 2012 auf sich aufmerksam, als sie bei den Salzburger Festspielen mit dem „Salzburg Festival Young Conductors Award“ ausgezeichnet wurde, der ihr eine Zusammenarbeit mit dem Gustav Mahler Jugendorchester ermöglichte. Ein Dudamel Fellowship beim Los Angeles Philharmonic gab ihr kurz darauf die Gelegenheit, als Einspringerin ein Abonnementkonzert zu dirigieren. Zur Spielzeit 2014/15 wurde sie vom Los Angeles Philharmonic für zwei Spielzeiten als Assistant Conductor verpflichtet, nach überwältigendem Zuspruch von Orchester wie Publikum wurde sie dort für 2016/17 zum Associate Conductor befördert.
Schon ein anderer Dudamel-Assistent, Lionel Bringuier, machte Furore, als er 2014 das Orchester der Tonhalle Zürich übernahm. Inzwischen ist man mit dem gerade mal 29-Jährigen aber nicht so glücklich, da sein Repertoire noch sehr überschaubar ist und er es auch noch an Tonkultur mangeln lässt.
Mit der neuen 29-Jährigen in Brigminham ist da aber nicht zu erwarten. Die hat deutlich mehr Erfahrung. Denn etwa auch mit der Kremerata Baltica und Gidon Kremer verbindet Gražinytė-Tyla seit 2013 eine enge Zusammenarbeit, die sie unter anderem im Juni 2015 mit einer „Hommage à Mieczysław Weinberg“ – einem Œuvre, mit dem sie sich intensiv befasst – zu den Wiener Festwochen und in den Wiener Musikverein führte.
Als Music Director des CBSO werde Gražinytė-Tyla dessen breites Repertoire an Orchester- und Chormusik fortführen, hieß es. Ihre künstlerischen Vorhaben mit dem Orchester werden von Mozart und Haydn über Klassiker des 20. Jahrhunderts bis zu zeitgenössischen Werken reichen. Mit Simon Halsey werde sie bei Projekten der Chöre des CBSO zusammenarbeiten.
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