In Hamburg lässt eine jetzt schon, vor dem Erklingen des ersten Tons darin, weltberühmte Konzerthalle seit Jahren ihre PR-Maschinerie noch weitgehend nutzlos, aber perfekt geölt laufen. Doch langsam kommt die auf Touren. Denn der Inaugurationstermin steht inzwischen unumstößlich (?) fest: der 17. Januar 2017, samt dreiwöchigem Einweihungsfestival. Dafür hat man sich jetzt sogar einen der lokalen Kritiker als Pressesprecher ins Boot geholt. Der weiß genau, was seine Kollegen wünschen und wie er sie am besten füttern muss. Und so jagt im örtlichen Blätterwald eine Schlagzeile – „Rolltreppe eingebaut!“ – Gerüst weg!“ – weiße Haut der Innenhülle angebracht!“ – die nächste. Außerdem gibt es in Hamburg bereits seit Jahren Elbphilharmonie-Konzerte (die in der alten, lieben Laeiszhalle stattfinden), damit sich selbst die Alster-Heringe an den neuen Namen gewöhnen. Und jetzt wurde, mehr als 300 Tage vor dem großen Ereignis, auch das Elbphilharmonie Orchester vorgestellt: Es ist – Überraschung! – das vormalige NDR Sinfonieorchester.
NDR Elbphilharmonie Orchester wird das Ensemble, das über die Jahre vor allem durch seine diversen Streitigkeiten mit den Chefdirigenten überregional von sich hören machte, mit Vorstellung der kommenden Spielzeit am 15. April 2016 heißen. Schließlich beginnt ja für den Klangkörper ebenfalls im Januar 2017 eine neue Ära. Es zieht als Residenzorchester in den Konzertsaalkoloss auf dem Kaiserspeicher ein. Und damit klar ist, wer ab dann Hausherr ist und als erster das Sagen hat, heißt man schon jetzt neu.
Selbstredend auch eine Kampfansage an die Hamburger Philharmoniker unter ihrem neuen Chef Kent Nagano, der vor allem sinfonisch und groß querdenkt; auch wenn er es dabei vornehmlich mit dem Opernorchester zu tun hat. Aber natürlich wird das zu keinen Misstönen führen, man hat alles harmonisch hanseatisch im Griff! Und seemännisch geht es weiter: „Der NDR tauft das Flaggschiff seiner Musikensembles um“, so Intendant Lutz Marmor. Der aber bricht nicht, nur die traditionsreiche Champagnerflasche am Orchesterbug (verkörpert vom Chefdirigenten Thomas Hengelbrock?).
Bleiben wir maritim. Denn die Senderverantwortlichen wissen natürlich auch, dass die Elbphilharmonie möwengleich „eine starke Marke in der Musikwelt werden wird – mit Strahlkraft weit über Norddeutschland hinaus. Es liegt deshalb nahe, im Namen des künftigen Residenzorchesters eine klare Verbindung zum neuen Konzertsaal herzustellen. Diese Verknüpfung wird die öffentliche Wahrnehmung unseres künstlerisch hochrangigen Orchesters in Deutschland und international weiter stärken.“
Dann man tau! Als ob das so einfach wäre. Und der hübsche Name reichen würde. Immerhin ist dieses Orchester dann das erste eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das sich nach einer senderfremden Halle benennt. Also aufgepasst in München: Dort streiten sie zwar immer noch auf gut bayerisch heftig fingerhakelnd um den bereits beschlossenen Neubau eines Konzertsaals am angeblich so schmuddeligen und weltfernen Ostbahnhof (drei S-Bahn-Stationen vom Marienplatz!). Aber der Bayerische Rundfunk als Hauptnutznießer ist auch nicht untätig. Das wird die schöne neue Klanghallenwelt bereits dem illustren Cellogast Yo-Yo Ma werbewirksam vorgeführt. Und ebenfalls heute ist dort februarwindumtost das Symphonieorchester des BR samt fragilem Chef Mariss Jansons auf die Dächer gestiegen, um am schicksalsträchtigen Ort die Fotos für die nächste Saisonbroschüre zu schießen. So viel Statement muss sein. Hoffentlich wird das dann nicht 2021 zu angestrebten Eröffnung im tiefen Süden als Pfanni oder Seehofer Symphonieorchester enden.
Auf dem Münchner Dach hätte sich übrigens auch der junge Pole Krzysztof Urbañski gut gemacht. Der ist als Nachfolger von Alan Gilbert Erster Gastdirigent des baldigen, selbstredend „dynamischen und progressiven“ NDR Elbphilharmonie Orchesters. Und bringt seine sorgfältig gegelte Sturmfrisur bereits zu jedem Konzert mit.
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