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Staatskapellen-Oboistin: Ist Dresden noch der richtige Ort?

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SemperoperDie Dresdner Semperoper hat sich sehr schnell gegenüber den den allmontäglich auf dem Theaterplatz vor dem Gebäude aufziehenden Pegida-Demonstrationen positioniert. Mit Fahnen mit der Aufschrift „Augen auf, Herzen auf, Türen auf – Die Würde des Menschen ist unantastbar“ über das Ausschalten der Außenbeleuchtung am Montag, einem bunten „Bürgergastmahl“, dem „Refugees-welcome“-Motiv auf der Facebookseite sowie in den täglichen Besetzungszetteln, bis zu einem „Heimatliederabend“ mit Musik von Eingewanderten aus aller Welt sowie der auch von anderen Häusern veranstalteten Konzertreihe „Oper ohne Grenzen – Konzert für eine offene Kultur“.

Celine MoinetUnd dann ist da noch die Sache mit dem Monitor, an der Fassade, mit Gesichtern und Statements von Mitarbeitern der Oper und der Kapelle, die Position beziehen. Und mit dem Satz „Wir sind kein Bühnenbild für Fremdenhass.“ Seit November 2015 steht der Monitor dort. Jetzt soll er fort. Es gab dieser Tage eine Anzeige wegen Verstoß gegen den Denkmalschutz. Interrimsintendant Wolfgang Rothe beharrt aber darauf, es handele sich hierbei um eine nicht genehmigungspflichtige Kunstaktion. Das eben ist Sachsen. Hauptsache der schöne Semperopernschein bleibt gewahrt. Obwohl auch der längst braune Flecken hat. Deshalb habe ich  mit Céline Moinet, seit 2007 Solooboistin der Dresdner Staatskapelle, über die Situation vor Ort gesprochen:

Wie sehr ist Pegida im Kapellalltag ein Thema?

Wir Musiker tauschen uns regelmäßig über die Vorkommnisse auf dem Theaterplatz aus. Vorstellungen in der Oper finden meistens um 19 Uhr statt, zeitgleich mit den Pegida-Demos. Die An-und Abfahrtswege der Kapell-Musiker kreuzen sich zwangsläufig mit denen der Pegida-Demonstranten durch die unmittelbare Nähe des Theaterplatzes zur Semperoper.

Belasten Sie die Montags-Demos?

Ja. Die Pegida-Bewegung entspricht nicht meinem Weltbild. Ich kann den Hass und die Ängste vieler Teilnehmer nicht nachvollziehen. Ich bedaure sehr, dass Dresden durch Pegida immer mit Rechtsextremismus und Intoleranz assoziiert wird. Ich liebe diese Stadt und die Staatskapelle. Und ich bin stolz, als Französin in diesem Traditionsorchester zu spielen und als Professorin hier zu unterrichten. Leider schafft Pegida eine Atmosphäre in Dresden, die viele als unangenehm empfinden.

Gibt es unter Ihren Kollegen welche, die darüber nachdenken, deshalb aus Dresden wegzugehen?

Nein. Aber ich will nicht ausschließen,  dass potentielle Kandidaten und Talente aus dem Ausland Zweifel haben, ob Dresden der richtige Ort für sie ist. Es gibt in den Reihen der Staatskapelle zahlreiche Kollegen, die sich aktiv für Flüchtlinge engagieren. Wegzugehen wäre keine Lösung und die falsche Antwort.

Wie sehr kommen Sie deswegen bei Familie und Freunden im Ausland in Erklärungszwang?

Natürlich sorgen sich Freunde und Familie, weil regelmäßig Bilder in den französischen Nachrichten wie zuletzt aus Clausnitz oder Bautzen gezeigt werden. Meine Familie kannte Dresden bisher nur als Tourismus-Idylle, die Museen, die Dampfer auf der Elbe, die Oper. Leider wird selbst Frankreich jetzt mit Pegida konfrontiert, wie man es Anfang Februar in Calais beobachten konnte. Es ist beschämend, wie Rassismus und Populismus sich europaweit verbreiten.

Glauben Sie, dass diese Vorgänge der Semperoper, auch der Staatskapelle schaden?

Die Staatskapelle tritt mit allem, was sie tut, für Werte ein, die mit Pegida nichts gemein haben. Das wissen auch die Besucher unserer Konzerte in Dresden und auf den internationalen Podien. Wenn sich jedoch Musikfreunde montags auf Grund der Demonstrationen nicht mehr in die Semperoper trauen, trifft das natürlich auch uns.

Der Beitrag Staatskapellen-Oboistin: Ist Dresden noch der richtige Ort? erschien zuerst auf Brugs Klassiker.


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