In jedem Moment zeigt das im weißen Stoff steckende Wesen, Kindfrau, Hure, Fee, eine andere grauenvoll-faszinierende Facette seiner selbst. Die Stimme gleißt und schimmert dazu, schreit schroff, schimmert seidig, flüstert, verführt. Romeo Castellucci hat 2018 bei den Salzburger Festspielen in der Felsenreitschule die als Uropas Skandalnudel ältliche, längst kulinarisch dekadent verkostete „Salome“ in all ihrer Angriffslustigkeit präsentiert. Freilich um des Preises willen, dass von der eigentlichen Oper als Drama kaum etwas übrig bleibt. Der Regisseur installiert völlig eigenwillig eine symbolversperrte Fantasie. Aber wie! Der honigstimmige Naraboth des Julien Prégardien, der angriffslustige Herodes von John Dazak, die als Alma-Mahler-Matrone aufgeputzte Herodias (Anna Maria Chiuri), der als verschmierter Schamane staffierte Jochanaan des weichen Gábor Bretz, – sie sind Edelstatisten in einem jede Musiktheaterkonvention negierenden Arrangement. Das Raum gibt für Salome. Die gesungen, verkörpert, ja sich einverleibt wird von Asmik Grigorian. Man wird Zeuge einer dieser zum Glück so raren, weil hochrisikobehafteten Momente, wo ein Sängerin total mit ihrer Rolle verschmilzt. Das kann nur gut gehen, weil sie in Franz-Welser Möst einen großartigen, ihr Temperament eben noch im Zaum haltenden Partitur-Superviser im Graben hat. Der lässt die Wiener Philharmoniker in kalter Strauss-Glut sich aufbäumen, mit Schaum vor den Mündern, kraftstrotzend, aber geschmeidig, ganz domestizierte Energie. Auch auf DVD ein Seh- und Klangerlebnis.
Richard Straus: Salome (cMajor)
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