Weihnachten ist erreicht und damit fast schon Silvester, also wird heute bereits CD-champaganisiert! Ausgerechnet der sonst so konzeptstrenge Regisseur Claus Guth serviert nämlich zart Operetten. So auch die Königin der Gattung: Franz Lehárs „Lustige Witwe“, herausgekommen 2018 und mitgeschnitten von Oehms Classics als süffige wie schlüssige Filmdreh-Parodie an der Oper Frankfurt. Der namenlose Regisseur (Klaus Haderer), der auch den Spielmacher Njegus gibt, hat alle Hände voll zu tun, seine emotional aufgewühlte Truppe zusammenzuhalten. Marlis Petersen hält ihre elegante, auch elegische Hanna wunderbar in der Schwebe. Sie singt diese gebrochene Figur entsprechend: mit fadenfeiner Höhe, irreal schwerelos, dann wieder mit realistisch zupackendem Klang in hysterisch überdrehten Tanzrevue. Großartig ist Iurii Samoilov als baritoncremiger Strizzi Danilo, ein Frauenverführer und -verächter, der vor sich selbst ins Maxim flieht. Martin Mitterrutzner bleibt als Rossillon der ölige Frackträger mit geschmeidigem Tenor, Kateryna Kasper muss ihre Valencienne mit grotesker Fröhlichkeit als brachialknallige Soubrette markieren. Joana Mallwitz am Pult kann es präzise zackig, ja grell, sie lässt aber auch fein abgeschmeckt die Geigen schmalzen und walzerselig schluchzen, das Holz dudeln, dass es eine intelligente, klangfeine Operettenfreude ist. Bisweilen scheint die Zeit stehen zu bleiben, nur ein überlautes Metronom lässt die Sekunden vertickern. So wechseln sich gespielte Partyfreude und Herzeleid ab. Und so rangiert diese Frankfurter Operettentat weit über dem Dreiviertel-Takt-Durchschnitt, obwohl es eine eher melancholiesatte statt lustige „Witwe“ geworden ist.
Franz Lehár: Die lustige Witwe. Marlis Petersen, Iurii Samoilov, Kateryna Kasper, Martin Mitterrutzer, Klaus Haderer, u.a., Chor und Orchester der Oper Frankfurt, Joana Mallwitz (Oehms Classcis)
Ich wünsche alle meinen zahlreichen Lesern Schöne Weihnachten und ein glückliches neues Beethoven-Jahr!
Der Beitrag Brugs Beste 2019 – ein CD-Adventskalender: XXIV. Mit Joana Mallwitz und der „Lustigen Witwe“ intelligent-zärtliche Operettenfreude erleben erschien zuerst auf Brugs Klassiker.