Intendant bei den Berliner Philharmonikern, das ist eine Übung in Demut. Anders als es die für gewöhnlich allmächtige Stellenbezeichnung vermuten lässt. Der nette Martin Hoffmann, einst vom Privatfernsehen zu den Klassikkönigen gewechselter Macher, hat das erfüllt. Man muss sich klein machen zwischen lauter Über-Egos, muss vermitteln zwischen dem, was der Chefdirigent will und dem, was die 128 selbstbewussten Musikerinnen und Musiker zu geben bereit sind. Denn sie machen bei diesem Eliteklangkörper nicht nur die Musik, sie bestimmen weitgehend auch die Richtung. Einer von Martin Hoffmanns Vorgängern, der so eigenwillige wie ideenreiche Franz Xaver Ohnesorg hatte das nicht verstanden – und war nach nicht einmal einem Jahr Amtszeit wieder Philharmonische Geschichte.
Martin Hoffmann geht 2017. Das hat er jetzt öffentlich gemacht. Es überrascht nicht. Hinter den Kulissen war das längst bekannt. Er wollte ursprünglich gern noch bis Sommer 2018, dem offiziellen Ende der Ära Rattle, mit an Bord bleiben, das aber sollte nicht sein. Ein neuer, wohlmöglich auch intern zu berufender Intendant, will eingearbeitet sein, bis Kirill Petrenko kommt. Und Hoffmann, so hört man, hat angeblich wieder einen lukrativen Job im Fernsehgeschäft in Aussicht.
Was und wer folgt aber jetzt an der Herbert von Karajan Straße 1? Eine Frage, die schnellstmöglich beantwortet werden muss. Trotz ihres prekären Stellenwerts innerhalb des philharmonischen Machtgefüges – die Berliner Intendantenstelle ist natürlich begehrt. Aber künftig noch schwieriger zu besetzen. Denn 16 Jahre lang war und ist Simon Rattle als Chefdirigent das natürliche Gesicht der Berliner Philharmoniker gewesen. Und er sprach auch für sie. Wie sehr das der künftige Chefdirigent Kirill Petrenko tun wird, das ist äußerst fraglich. Er fängt zudem erst 2019 an – und dann auch nur Teilzeit, da er noch in München verpflichtet ist. Als großer Redner ist der Russe nicht bekannt, Interviews gibt er gar keine. Auch vorgestellt hat er sich seit seiner Wahl im Juni noch nicht in Berlin.
So kommt dem Stichwort „Intendantenwechsel“ bei den Berlinern doch eine weitreichendere Bedeutung zu. Der oder die Neue muss noch traumsicherer für eine Balance der Interessen und Befindlichkeiten sorgen. Er muss das Orchester auch nach außen hin souverän vertreten können. Ohne sich dabei selbst zu wichtig zu nehmen. Stephan Gehmacher, der hier schon die künstlerische Planung verantwortet hat, dann unter Mariss Jansons Manager beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks war, wäre so einer. Er leitet gegenwärtig die Philharmonie Luxemburg, Haus wie Orchester, hat zudem einen künstlerischen Etat. Ob da der Berliner Intendantenposten attraktiv genug ist, ihn erneut zu locken? Die Demut hat Gehmacher hier gelernt, auswärts aber hat er sich bewährt. Für das komplexe Machtgefüge Berliner Philharmoniker eigentlich die perfekte Mischung.
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