Sie tanzte noch nicht einmal eine Saison, das dürfte die sicher kürzeste Ballettintendanz in Berlin überhaupt sein! Zumindest diesen Rekord kann Sasha Waltz auf diesem Trampolinposten aufstellen. Sonst hat es leider nicht zu sehr viel gelangt. Sie war nie da, sie hatte sich kein Training angeschaut, sie hatte keine Ahnung von der Materie, die sie – auf Drängen des längst vergessenen Staatsekretärs und Popheinis Tim Renner (SPD) – mit ihrer üblichen, lange schon von keinem Erfolg mehr gekrönten Hybris übernommen hatte. Und sie hat es sich offenbar auch noch mit ihrem Wunschpartner Johannes Öhman als teuer bezahltes, letztlich überflüssiges Balletttandem verscherzt. Denn entweder ist ihr der Schwede, der im letzten Jahr schon für den abzischenden Nacho Duato vorfristig übernehmen musste, mit dem Rotbart-Dolch in den Rücken gefallen, oder sie hatte ihn bereits so rasch vergrätzt, dass er mit wehenden Fahnen ins heimische Stockholm als Tanzhaus-Leiter abhaut. Das wollte er eigentlich schon Ende März, aber Kultursenator Klaus Lederer (die Linke) wollte beide wenigstens bis Ende des Jahres an der Ballettstange belassen, um einigermaßen für einen geordneten Rückzug zu sorgen. Aber der peinsame Auftritt beider bei der panisch einberufenen Pressekonferenz dürfte ihn eines Besseren belehrt haben. Zumal die Waltz, die sich erst überfahren glaubte, dann zurückrudern wollte, und allen Ernstes noch an eine Zukunft mit einem weiteren Himmelfahrtskandidaten aus der Klassik glaubte. Spätestens da muss jedem klar geworden sein, dass sie für diesen Posten und für solche Strukturen wahrlich nicht geboren ist. Das endgültige Ende wurde jetzt per Mail bekannt gegeben, nachdem beide – nicht zum ersten Mal – feige ihre Spielplanpressekonferenz kurzfristig abgesagt hatten. Sasha Waltz aber hat gut weiter zu tun, darf auch gleich – der Nepotismus hat schließlich Methode – bei ihrem Mann Jochen Sandig dessen Ludwigsburger Schlossfestspiele mit altem Kram neueröffnen.
Was aber in Berlin bleibt, das ist ein kulturpolitischer und personeller Scherbenhaufen. Deutschlands größte Tanzkompanie als führungslos dahinschlingernde, verunsicherte Tänzermasse. In der 20 von Waltz hinzuengagierte, völlig unterbeschäftigte Moderne-Performer keine Klassik und nicht auf Spitzenschuhen tanzen können; stattdessen müssen beständig Ballettschülerinnen der Ballettschule missbraucht werden, um die großen Klassiker überhaupt aufführen zu können. Nicht zuletzt auch eines der aktuellen Probleme dort. Anderseits hält man Graben zwischen Klassik und Moderne künstlich auf, die gar keine sind. Denn das komplette bisherige Repertoire (inklusive der schlechtest besuchten Performance von Jefta van Dinther an der Komischen Oper) hätte problemlos auch von den bisherigen Tänzern exekutiert werden können.
Denn entgegen allen anderen Behauptungen hat sich kaum etwas bei der Kompagnie verändert, man ist, wie vergleichsweise Institutionen auch, nur ein wenig mit der Zeit gegangen. Schauen wir uns doch die Novitäten der nächsten Saison an: das aus finanzgründen verschobene Haydée-„Dornröschen“ als einzige Klassikerproduktion; dazu einer Uraufführung des angesagten Norwegers Alan Lucien Øen in der Komischen Oper, ein Doppelabend mit Werken von David Dawson und Wayne McGregor (um die schon Vladimir Malakhov geworben hatte) und ein Mats-Ek-Abend. Alles komplett von einer normalen Klassikkompanie wie Stuttgart, München oder Dresden bewältigbar. Und selbst die nun unter schlechtes möglichen Umständen entstehenden neue Waltz-Kreation soll ja dezidiert für die ganze Kompanie sein. Außerdem soll mit Stefan Kaegi von Rimini Protokoll gearbeitet werden und es gibt ein Gastspiel des Wuppertaler Tanztheaters mit „Nelken“. Alles Tanzbusiness wie gewöhnlich, so wie es auch vor diesen aufgewühlten Zeiten in Berlin stattfand und möglich war.
Vorher aber ist es mit den unglückseligen Duo Sasha Waltz und Johannes Öhman aber schon am 31. Juli vorbei. Die Nachfolge solle „personell und inhaltlich von einem beratenden Expertengremium begleitet“ werden, heißt es in einer Mitteilung der Senantverwaltung für Kultur. Auch das Ballett-Ensemble solle in dem Prozess der Neubesetzung Gehör finden. Und natürlich wird – so wie hier bereits schon vorausgesagt – Stellvertreterin Christiane Theobald die Geschicke der Kompanie interimistisch übernehmen. Und weil sie diese grauenvolle Entwicklung letztlich auch mit herbeigeführt hat, sollte man sie eigentlich im „Dornröschen“ die böse Fee Carabosse mimen lassen.
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