Quantcast
Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 826

Der Berliner Krieg der „Ringe“: eine Richtigstellung

$
0
0

BarenboimIrgendwie kommt einem der alternde Daniel Barenboim immer mehr wie Gwen Verdon als korsetttragende Teufelin in dem hinreißenden Filmmusical „Damn Yankees“ vor: „Whatever Lola wants, Lola gets“. Das könnte man gut durch „Danny“ ersetzen, nur den Hüftschwung, den bekommt er nicht so sexy hin. Und dann kriegt Daniel eben auch doch nicht immer was er will, selbst wenn das angeblich ausdrücklich in seinem Berliner Generalmusikdirektorenvertrag steht. Darüber sind schon zwei Staatsopern-Intendanten an seiner Seite gescheitert, die anderen haben gar nicht erst aufgemuckt. Und was will Daniel, frisch zurück von fünf Wochen Japantournee-Absenz in der laufenden Spielzeit und nach der Premiere mit blühendem Barenboim-Barock in seiner ersten Gluck-Annäherung mit „Orfeo ed Euridice“ (90 Minuten für 260 Euro)? Einen neuen „Ring des Nibelungen“, was sonst?

Ihm doch egal, dass die Deutsche Oper da ältere „Ring“-Rechte hat und die bereits öffentlich machte. Nachdem sie es an der Bismarckstraße endlich geschafft haben, Teile ihres Freundeskreises davon zu überzeugen, sich doch nicht im bis dahin weitergespielten Götz-Friedrich-Zeittunnel von 1985 beerdigen zu lassen, und mit Stefan Herheim als Regisseur eine aufregende „Ring“-Alternative gefunden wurde, wird am Schiller Theater Rabatz gemacht. Auch egal, was die Statuten der Berliner Opernstiftung dazu sagen, die mindesten zwei Jahre Premierenabstinenz bei Kernrepertoirestücken an den verschiedenen Berliner Häusern festgelegt hat. Weil Daniel Barenboim so gar nichts mehr einfällt, womit er seine überteuerten Festtage attraktiv machen kann, setzt er also neuerlich auf sein längst fad gewordenes „Ring“-Allheilmittel und will Berlin mit seiner dritten Version beglücken.

Dabei hätte er doch aus der eigenen Geschichte lernen müssen. Sein erster Berliner Versuch in den Neunzigern mit Harry Kupfer war nur ein müder Abklatsch der vorangegangenen Bayreuther-Tetralogie. Der zwischen 2011 und 2013 zusammen mit der nicht kompatiblen Mailänder Scala gestemmte zweite Versuch in der Nicht-Regie von Guy Cassiers erwies sich als ein konzeptionelles Desaster. Und jetzt soll es beim dritten Mal besser werden?

Zumal Daniel Barenboim, anders als er behauptet, bisher keinen Regisseur hat. Der hoch gehandelte Dmitri Tcherniakov, dem Barenboim mit „Boris Godunow“ die erste Premiere in Deutschland ermöglicht und mit dem er auch noch Prokofiews „Spieler“ sowie Rimksy-Korsakows „Zarenbraut“ sehr erfolgreich herausgebracht hat, wird den „Ring“ nämlich – im Gegensatz zu den Verlautbarungen aus der Staatsoper – bereits 2020 in Bayreuth inszenieren. Der Vertrag ist zwar noch nicht unterschrieben, man ist sich aber bis auf wenige Details einig, eine mündliche Zusage hat die dortige Festspielleitung. Der nicht unkomplizierte Russe will nämlich unbedingt mit Andris Nelsons arbeiten, dessen Vertrag als „Ring“-Dirigent 2020 bereits unterschrieben ist. Das sind die Fakten, alles andere ist Barenboims Wunschdenken, der vielleicht glaubt, durch öffentlichen Druck die verlorene Sache noch für sich entscheiden zu können.

Und wieder wundert man sich, warum es in Berlin so schwer ist, die Intendanten-Egos hinter die gute Opernsache zu stellen. Muss die Deutsche Oper vier Jahre nach dem Stölzl-Flattermann an der Staatsoper schon wieder einen „Fliegenden Holländer“ machen? Brauchen wir drei „Eugen Onegins“? Warum wird der vierte „Boris Godunow“ seit 1995 (mit Ausnahme des ersten von Götz Friedrich) in der ewiggleichen Urfassung gespielt? Dafür vermisst man an drei Berliner Opern die Frühwerke Verdis, Belcanto gibt es meist nur konzertant. Oder warum setzt Barenboim nach der „Zarenbraut“ nicht weitere drei seiner Opern als Rimsky-Korsakow-Trilogie an? Dafür hätte er Dmitri Tcherniakov sofort im Regieboot. Und falls er doch an seinem „Ring“-Wahnsinn festhält: Calixto Bieto sucht dafür dringend einen Partner….

Der Beitrag Der Berliner Krieg der „Ringe“: eine Richtigstellung erschien zuerst auf Brugs Klassiker.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 826