Wie kann man sich nach einer äußerst erfolgreichen Premiere auswärts am besten belohnen? Mit der Spielzeitvorstellung am eigenen Haus, nach der man auch nur wieder sagen kann: alles richtig gemacht, Barrie Kosky und die Seinen! Nicht nur die Zürcher Oper hat mit dem neuen Kosky/Currentzis-„Macbeth“ eine Sensation zu bieten, auch zu Hause, an der Komischen Oper Berlin, geht es heiter, frech und klug weiter. Im Kosky-Mixbecher für die nächste Saison klackern acht Premieren, darunter zwei Berliner Erstaufführungen: Antonello Manacorda, hoffnungsvoller Kandidat auf die bald vakante GMD-Stelle, dirigiert „Il Barbiere di Seviglia“, ein Stück, das zur DNA des Hauses gehört. Und der Russe Kirill Serebrennikov, in Personalunion Regisseur und Ausstatter, der im ersten Kosky-Jahr mit Neuwirths Plagiat-„American Lulu“ nicht sonderlich überzeugte, bekommt eine zweite Chance. Seine Stuttgarter „Salome“ soll toll gewesen sein, und zumindest werden sich die Gags nicht auf Katharina-Thalbach-Niveau bewegen, wie an der Deutschen Oper. Die Berghaus-Rossini-Ikone an der Staatsoper von 1968 ist ja sowieso sakrosankt.
Nach einer klanglichen Nachbearbeitung kommt die mit Stuttgart koproduzierte „Peter Pan“-Kinderoper von Richard Ayres jetzt nach Berlin. Keith Warner der das Stück schon an der ebenfalls beteiligten Welsh National Opera herausgebracht hat, darf als Engländer an diesen englischen Stoff mit fliegenden Jungs, Piraten und einem Krokodil.
Weiter auf Fritzy-Massary-Spuren wandeln wird Hausdiva Dagmar Manzel in dem Operetten-Bijou „Die Perlen der Cleopatra“ von Oscar Straus, die regielich natürlich vom Chef auf dem sexy Silbertablett kredenzt wird. Zum Abschluss der konzertanten „Kálmán-Reihe folgt noch dessen extra neu orchestrierter Broadway-Feger „Marinka“ – die Umschreibung österreichischer Geschichte in Gestalt der Mayerling-Tragödie, aber diesmal mit Happy End. Neben dem „Ol Man River“ aus „Show Boat“ könnte man bald wieder „Old Man Danube“ aus „Marinka“ singen. Aber ist die Donau nicht eher eine Dame?
Reizvoll liest sich auch die Wiederkehr des genialen Ausstatterteams „1927“, die Koskys „Zauberflöte“ inzwischen 250.000 Besuchern in zwölf Städten und nächstes Jahr auch eine Einladung an das Bolschoi Theater beschert haben. Suzanne Andrade, Esme Appleton und Paul Barritt werden Strawinskys „Petruschka“ und Ravels „L’Enfant et les Sortilèges“ zum Doppelabend binden. Als zweite Inszenierung wird Barry Kosky erstmals seit 1948 wieder in Berlin Mussorksys unvollendete Burleske „Der Jahrmarkt von Sorotschinzi“ herausbringen
Und Benedict Andrews ,der hier den „Feurigen Engel“ realisiert hat, kümmert sich um Aribert Reimanns großartige Griechen-Oper „Medea“ mit Nicole Chevalier in der Titelpartie. Erstmals in Berlin ist endlich der junge Regisseur Tobias Kratzer zu erleben. Er setzt den Rameau-Zyklus mit dem düsteren Zarathustra-Stück „Zoroastre“ fort, Christian Curnyn dirigiert.
Nur eine Doublette mit den anderen Berliner Häusern, eine Übernahme von auswärts, kein Regisseur, an dessen Ästhetik man sich hier schon abgeschaut hat, sinnfällige Produktionsteams und viele Raritäten – so sieht Berliner Opernvielfalt aus. Mustergültig! Setzen.
Der Beitrag Barrie Koskys Komische Oper 2016/17: leider gut! erschien zuerst auf Brugs Klassiker.