VW ist immer in Bewegung, Räder sollen sich schließlich drehen. Aber zum 14. Mal heißt es in der Wolfsburger Autostadt im Frühling: Movimentos. Da gilt’s nicht nur der Fortbewegung, sondern vor allem der Kunst. Und da bewegen sich Tänzerbeine, Musikerhände und Schauspielermünder, denn der Themenpark des Fahrzeugkonzerts, der gleichzeitig auch als seine Kommunikationsplattform fungiert, gönnt sich Kultur und lässt die Region daran teilhaben. Diesmal ereignet sich das von Anfang an auch überregional wahrgenommene Festival vom 2. April bis zum 10. Mai als groß angelegter Reigen mit renommierten Tanzensembles, Lesungen berühmter Akteure und Konzerten wichtiger Nachwuchskünstler.
Und auch wenn man, VW stand 2015 nicht nur für positive Schlagzeilen, den konzertinternen Budgetturbulenzen mit 20 Prozent Kürzungen seinen Tribut tun muss und will, Maria Schneider, die Kreativdirektorin der Autostadt, ist sich sicher, dass das sehr bewusst gewählte Programmmotto „Liebe“ auch und gerade 2016 für konzentrierte, aber gute Stimmung sorgen wird: „Denn vor allem im Tanz ist die Liebe sehr schnell gefangen in der Zweisamkeit – wunderschön, ohne Zweifel. Zum Beispiel in der Arbeit von Akram Khan, der die Unmöglichkeit der Liebe darstellt, oder wie bei der Tanzcompagnie Aterballetto, die von Gegensatz und Harmonie geprägt ist. Wichtige Themen wie die Nächstenliebe oder die freundschaftliche Liebe dürfen aber auch nicht vernachlässigt werden. Dafür steht etwa Abuo Lagraa mit der Compagnie La Baraka – ein sehr aktuelles Stück.“
Und so umfassen die Sparten Tanz, zudem Jazz, klassische Matineen und Soireen, szenische Lesungen und Schauspiel 2016 insgesamt immer noch 61 Veranstaltungen. Das große Lebensthema der Menschen, eben die Liebe, findet sich aber besonders in den ausstrahlungskräftigen, immer schnell ausverkauften Tanzgastspielen wieder, die heute starten. Den Auftakt der insgesamt fünf internationalen Tanzensembles macht am die Kompanie von José Montalvo: Der hier schon mehrfach eingeladene französische Choreograf mit spanischen Wurzeln zeigt mit der Deutschlandpremiere des Stücks „Y Olé!“ ein rauschhaftes Frühlingsfest, das Strawinskys wilden „Sacre du Printemps“ mit Elementen des Hip-Hop, Flamenco und der Populärmusik verbindet. Ihm folgt La Baraka „Le Cantique des Cantiques/Das Hohelied“, wo die im biblischen Text dargestellten Formen der Liebe in sinnlichen Tanz übersetzt werden.
Diesjähriger Movimentos-Höhepunkt dürfte der in London ansässige, nicht unumstrittene Choreograf Akram Khan werden. Er greift in seiner neuesten Arbeit „Until the Lions“ eine Geschichte aus dem weltbekannten indischen Versepos Mahabharata auf und erforscht darin Themen wie Geschlechterrollen, Sexualität und die Auswirkungen der Zeit auf den menschlichen Körper. Mit dem dreiteiligen Abend „Conceal I Reveal“ (Verbergen/Enthüllen) gastiert die Russell Maliphant Company. Er gibt Einblick in die langjährige Zusammenarbeit von Maliphant mit dem Lichtdesigner Michael Hulls. Und mit der Compagnia Aterballetto kehrt eines der ästhetisch anspruchsvollsten Tanzensembles Europas in das atmosphärische Spielstätte KraftWerk zurück. Gezeigt werden „Lego“ von Giuseppe Spota und „Antitesi“ von Andonis Foniadakis.
Man hat etwas abgespeckt, doch beim Wolfsburger Festival Movimentos heißt das Konzentration. Eben im Motto-Zeichen der „Liebe“. Und trotzdem weiß man nicht ob es 2017 mit Movimentos weitergehen wird. So liegt durchaus ein melancholischer Unterton über Movimentos 2016 Aber es waren jedenfalls 14, liebevoll kuratierte Jahre, die gut fürs Image von VW, freilich auch gut für die Tanzkunst waren. Und auch wenn es jetzt vorbei sein sollte Maria Schneider weint dem keine Träne nach: „Es war gut so, es hat sich ein Kreis geschlossen. Und wohlmöglich kommt ja etwas Neues. Jedes Ende ist auch ein Anfang.“
Tickets: 0800 288 678 238, im Internet unter www.eventim.de; www.movimentos.de
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