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Channel: Manuel Brug – Brugs Klassiker
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Brugs Beste: Nummer 10 – Berlioz’ „Benvenuto“ als tolle Opernshow von Terry Gilliam

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Und noch einmal Benvenuto Cellini. „Ich hasste Oper, denn ich wusste nicht, wie man es macht“, sagt einer der sich inzwischen zweimal erfolgreich im Musiktheater ausprobiert hat: Terry Gilliam, zur Hochzeit von Monty Python der am wenigsten sichtbarste der britischen Kult-Komiker-Gang. Als Anfänger hatte er sich gleich das Schwerste herausgesucht: Opern von Hector Berlioz, der die Grenzen des Genres sprengen wollte und oft auf halber Strecke ausgebremst wurde oder heftige Eingriffe von Praktikerseite hinnehmen musste. 2011 feierte Gilliam an der English National Opera seiner ersten Überraschungs-Hit mit  „La damnation de Faust“. 2014 ließ er „Benvenuto Cellini“, den ersten Opernversuch des etwas über 20-Jährigen folgen, opulent, konfus, sauschwer zu singen, für den Chor kaum möglich, wo Berlioz die Memoiren des Renaissance-Goldschmieds um den spektakulären Guss seiner Perseus-Statue samt Liebesgeschichte zur der Tochter eines Rivalen mit dem eigenen Künstlerego verknüpft. Aufgezeichnet wurde diese tolle Show ein Jahr später in Amsterdam, hinreißend dirigiert von Mark Elder am Pult der Rotterdamer Philharmoniker. Gilliam vermengt scheinbar divergierende Elemente zu einem geschlossenen, optisch überwältigenden, souverän beherrschten Ganzen. Cellinis Rom des 16. Jahrhunderts ist eine ein Jahrhundert jüngere, barocke Kulissenbühne mit einer bedrückenden Schwarzweiß-Gefängnisoptik im Graphikstil Piranesis. Die Kostüme beschwören das Charles-Dickens-London der viktorianischen (Entstehungs-)Zeit. Sie liefern die einzigen Farbtupfer: sei es in der schmuddeligen, an Julien Schnabel denken lassenden Überkünstlerfigur des Cellini, den John Osborn mit höhensicherem Tenor nimmermüde stemmt; oder in Gestalt als fernöstlicher Kunstsammlertunte vom Thron herabsteigenden Papstes Clemens VII. (Orlin Anastassov). Mariangela Sicilia ist eine tolle Teresa, sopranstark wie virtuos, Laurent Naouri ein baritonbeweglicher Intrigant als ihr Vater Fieramosca. Alles gipfelt kaleidoskopisch sich zersplitternden Finale I des Römischen Karnevals als einem perfekt choreografieren Chorwirbel (Bravo!) samt Artisten, Tänzern und Gurkenphallus.

 Hector Berlioz: Benvenuto Cellini. John Osborn, Mariangela Sicilia, Maurizio Muraro, Michèle Losier, Laurent Naouri, Orlin Anastassov u.a., Chor der Dutch National Opera, Rotterdam Philharmonic Orchestra, Sir Mark Elder (Naxos)

 

 

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